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Ethnische Gruppenbildung in der Vormoderne. Interkulturalität und Transkulturalität am Beispiel der Armenier im östlichen Europa

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2014 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 253720236
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersucht Faktoren und Prozesse ethnischer Gruppenbildung am Beispiel der armenischen Bevölkerung in der Handelsmetropole Lemberg (L’viv) in einem historischen Längsschnitt vom 14. bis zum 17. Jahrhundert. Im Unterschied zu bisherigen historischen Arbeiten nutzt die Untersuchung Ethnizität nicht als vorgegebenen Rahmen, um gruppenbezogenes Handeln von Kollektivakteuren zu erklären. Vielmehr fragt sie nach den Kontexten, unter denen sich ethnische Gruppenstrukturen herausbilden und verfestigen konnten, aber ebenso nach individuellen Handlungsoptionen jenseits einer Gruppenverortung. Sie arbeitet den Einfluss der nichtarmenischen Umwelt (durch Inklusionsangebote und Exklusionsstrategien) ebenso heraus, wie die Nutzung von Gemeindestrukturen durch armenische Eliten, die damit Ansprüche auf Repräsentation durchsetzen konnten. Ethnizität, so zeigt die Studie, lässt sich nicht allein als Abgrenzungsgeschichte begreifen. Transkulturelle Verflechtungen und die schöpferische Aneignung von Strukturen und Narrativen der nichtarmenischen Umwelt ließen hybride Strukturen entstehen. Dies ermöglichte es den einzelnen Menschen, nicht zwischen Zugehörigkeiten wählen zu müssen, sondern eine Identifikation mit der Gruppe ebenso wie mit der Umgebungsgesellschaft leben zu können. Verflechtung und Hybridität prägten nicht nur die Organisationsstrukturen der Gemeinde, sondern auch die Religiosität und das Rechtsleben. Eine Analyse emotionaler Selbstbeschreibungen der Lemberger Armenier zeigt eine große Offenheit gegenüber der katholischen Bevölkerung und eine Betonung der lokalen und regionalen Verbindungen, ohne dabei in irgendeiner Form ihre Differenz zur Umgebungsgesellschaft in Frage zu stellen. Mit dem analytischen Raster der Untersuchung leistet die Studie einen wichtigen Beitrag zur historischen Erforschung von Ethnizität, mit ihren Ergebnissen einen Beitrag auch aktuellen Debatten um die Möglichkeiten von „Integration“ in der Migrationsgesellschaft.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2015) Lemberg 1440. Ethnizität in der Vormoderne, in: Dekonstruieren und doch erzählen. Polnische und andere Geschichten, hrsg. von Jürgen Heyde, Karsten Holste, Dietlind Hüchtker, Yvonne Kleinmann und Katrin Steffen, Göttingen: Wallstein 2015, S. 32-38
    Jürgen Heyde
  • (2015) Polityka Rady miejskiej Lwowa wobec Żydów i Ormian w XV/XVI wieku. Heterogeniczność etniczno-religijna w mieście jako wyzwanie ustrojowe, in: Kwartalnik Historii Kultury Materialnej 63 (2015), H. 2, S. 283-292
    Jürgen Heyde
  • (2017) Migration and Ethnicity in Medieval Poland: “Ethnic Markers” in historical perspective, in: Imaginations and Configurations of Polish Society: From the Middle Ages through the 20th Century, hrsg. von Yvonne Kleinmann, Jürgen Heyde, Dietlind Hüchtker, Dobrochna Kałwa, Joanna Nalewajko-Kulikov, Katrin Steffen, Tomasz Wiślicz-Iwańczyk, Göttingen: Wallstein 2017, S. 85-108
    Jürgen Heyde
  • (2017) Multiethnizität, Stadtrecht, Stadt. Lemberg im späten Mittelalter, in: Annales Universitatis Mariae Curie-Skłodowska. Sectio F – Historia 72 (2017) [erschienen 2018], S. 95-119
    Jürgen Heyde
  • (2018) Armenier in Lemberg und Krakau. Städtische Migrationsgesellschaften und Magdeburger Recht, in: Gabriele Köster, Charlotte Link, Heiner Lück (Hg.): Kulturelle Vernetzung in Europa. Das Magdeburger Recht und seine Städte. Wissenschaftlicher Begleitband zur Ausstellung »Faszination Stadt« (Schriftenreihe des Zentrums für Mittelalterausstellungen Magdeburg), Dresden: Sandstein 2018, S. 285-297
    Jürgen Heyde
  • (2020) Räume aushandeln. Armenisch und Bürgerlich im spätmittelalterlichen Lemberg, in: Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geographie 37 (2020), S. 87-100
    Jürgen Heyde
 
 

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