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Vergleichende Ordensgeschichte, Institutionengeschichte

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 253101728
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das grundlegende Ergebnis der Studie ist der Nachweis, dass formale Verfahren keine „Erfindung“ neuzeitlicher Institutionen waren. Bereits im 13. Jahrhundert formte sich in den untersuchten Orden eine Praxis aus, die den Kriterien formaler Verfahren nach Niklas Luhmann subsumierbar sind. Die Anwendung formaler Verfahren innerhalb der untersuchten Orden muss daher als eine innovative Pionierleistung angesehen werden, die in der bisherigen Forschung noch nicht die ihr gemäße Würdigung gefunden hat. Die Studie weist explizit nach, dass die untersuchten Orden formale Verfahren in allen administrativen Bereichen einsetzten. Durchführende Organe und eine Voraussetzung einer solchen Verfahrensführung waren die etablierten (Zisterzienser) und sich entwickelnden (Cluniazenser) Kontroll- und Leitungsorgane (Visitationsinstitut, Generalkapitel). Als weitere Grundlage für die Durchführung formaler Verfahren muss in der Zeit, in der auch Mündlichkeit noch eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte, eine sich ausbreitende und umfassend genutzte pragmatische Schriftlichkeit (Visitationsprotokolle, Generalkapitelsbeschlüsse)13 in Rechnung werden. Durch diese war es überhaupt erst möglich gewesen, serielle Abläufe (Mikrogeschichten) zu dokumentieren und anhand dieser Aufzeichnungen dann streng formalisierte Verfahren anhand von Sachstandserhebung, Sachstandsprüfung, Entscheidung und Vollzugsanweisung auch über längere Zeiträume konsequent durchzuführen. Man hatte sich somit auf eine objektive Sachstandserhebung und -prüfung stützen und erwartbare Wenn/Dann-Entscheidungen (Routine) treffen und vollstrecken können. Diese vier Schritte stellten immer den Verfahrenskern dar, auf den hin auch die komplexesten Sachverhalte reduziert wurden. Auch in Fällen ungewöhnlicher Erschütterungen der Organisationsstabilität konnte das Problem selbst unter kurzfristiger Aufgabe der eigenen Verfahrensautonomie wieder in erwartbare Bahnen der Routine gelenkt werden. Formale Verfahren bewirkten eine erstaunliche Stabilität innerhalb des methodischen Betriebs der Orden. Unabhängig davon, ob es sich um allgegenwärtige Devianzen (Einhaltung des Speisegebots oder der Kleiderordnung, Almosenvergabe, Gastlichkeit) innerhalb eines Klosters oder um durchaus systemgefährdende Störungen (Rebellion in Klöstern, Sezessionsbestrebungen oder der Eingriff potenter exogener Gewalten) handelte, wurden alle Fälle dem formalisierten Ablauf in vier Schritten unterworfen. Damit war den religiösen Orden ein Instrumentarium gegeben, das auch immer Ordensorganisation als Ganzes inkludierte. Ein partikulares Problem wurde dadurch stets zum universellen, und jede exogene Störung hatte es immer mit dem ganzen Orden zu tun. In dieser Struktur lag wohl der tiefere Grund für die Wirkmacht der formalen Verfahren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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