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Neuronale Basis gestörter Handlungsmotivation und -kontrolle bei Parkinsonpatienten mit Verhaltenssucht

Fachliche Zuordnung Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung von 2013 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 249777455
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Vereinfacht gesagt besteht eine Verhaltenssucht, wenn eine bestimmte Tätigkeit (z.B. Glücksspiel, Gaming, Internet, oder Sex) in einem schädlichen Übermaß mit zum Teil drastischen negativen Konsequenzen für den betreffenden Menschen nicht auf Dauer unterlassen werden kann. Es ist unklar, warum es bei manchen Menschen zu Verhaltenssüchten kommt, während die meisten Menschen die betreffenden Tätigkeiten in einem unschädlichen Ausmaß durchführen. Ursächlich könnte eine Veranlagung sein, welche schon länger im Bereich des Verstärkungssystems im Gehirn vermutet wird, dessen Signale maßgeblich aus der Ausschüttung des Botenstoffs Dopamin bestehen. Interessanterweise treten bei Parkinsonpatienten Verhaltenssüchte nach Beginn einer Dopaminersatztherapie gehäuft auf, was einen mechanistischen Zusammenhang mit der Medikation vermuten lässt und das Phänomen als Modell für die Ausbildung von Sucht im Allgemeinen bedeutsam macht. Das Ziel dieses Projekts war es daher, neurobiologische Merkmale zu identifizieren, die mit der Entwicklung von Verhaltenssüchten bei Parkinsonpatienten verbunden sind. In unseren Studien konnten wir erneut belegen, dass Parkinsonpatienten mit einer medikamentös induzierten Sexsucht eine deutlich erhöhte Aktivierung des Verstärkungssystems durch visuelle sexuelle Reize aufweisen. Neu war, dass Hirnareale der Impulskontrolle bei diesen Patienten weniger stark aktiv wurden, wenn die Reize in einen hemmenden Kontext eingebettet waren. Somit konnte erstmals innerhalb einer Studie die von der amerikanischen Suchtforscherin Nora Volkow propagierte Dualität der Netzwerkstörung (gestörte Inhibition und Salienz-Attribution) bei Suchterkrankungen gezeigt werden. In Übereinstimmung mit früheren Studien aber dennoch für uns überraschend hatte allerdings die dopaminerge Medikation auf diese Effekte keinen akut messbaren Einfluss, was möglicherweise an der Kurzfristigkeit und/oder Dosis der studienbedingten Medikation lag. In einer weiteren Studie konnten wir zeigen, dass bei zu Verhaltenssüchten neigenden Parkinsonpatienten funktionelle Störungen in besagten Hirnarealen der Impulskontrolle mit einer verringerten Produktion von Dopamin im Verstärkungssystem einhergehen. Dieses Resultat stärkte die durch uns vertretene Hypothese, dass eine kritische Vulnerabilität bezüglich der Entwicklung von Suchtstörungen in einer reduzierten "Bandbreite" des Dopaminsignals im Verstärkungssystem liegt. Hierdurch kann das Verstärkungssystem zu leicht "übersteuert" oder "untersteuert" werden. Die Lehren dieses Projekts fanden unter anderem auch Eingang in eine Veröffentlichung in "Spektrum der Wissenschaft“" zum Thema "Dopaminfasten" (https://www.spektrum.de/news/hype-oder-hilfe-was-bringt-dopaminfasten/1728008).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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