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Molekulare Mechanismen der direkten Umwandlung von Fibroblasten zu Neuronen

Antragsteller Dr. Moritz Mall
Fachliche Zuordnung Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung Förderung von 2013 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 248592586
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Ursachen vieler neurologischer Erkrankungen, wie beispielsweise von Autismus oder Schizophrenie, sind kaum bekannt. Ein großes Hindernis bei der funktionellen Untersuchung dieser Krankheiten ist der begrenzte Zugang zu menschlichen Nervenzellen. Daher stellt die Entdeckung, dass durch Überexpression von neuronalen Transkriptionsfaktoren verschiedenen Zelltypen zu induzierten neuronalen Zellen umgewandelt werden können, eine faszinierende Methode dar, um neurobiologische Erkrankungen zu untersuchen und auch behandeln zu können. Um diese Technologie für die Grundlagenforschung und regenerative Medizin zu nutzen, ist es essentiell den Umwandlungsprozess auf molekularer Ebene zu verstehen. Das Ziel meines Forschungsvorhabens war es, die molekularen Mechanismen der Nervenzellumwandlung mit Hilfe des Mausmodelsystems aufzuklären. Arbeiten aus unserem Labor haben gezeigt, dass der Pionier Transkriptionsfaktor Ascl1 bei der direkten Reprogrammierung von Bindegewebszellen zu Nervenzellen bestimmte Nervenzell- Gene anschalten kann. Meine Arbeit zeigt, das gezieltes ausschalten unerwünschter Gene eine ebenso entscheidende Rolle in diesem Umwandlungsprozess spielt. Der molekulare Repressor Myt1l der wie Ascl1 für die effiziente Reprogrammierung benötigt wird, bindet und inaktiviert nämlich viele Gene während der Nervenzellinduktion. Etliche dieser Gene haben primär nichts mit Nervenzellfunktionen zu tun, sondern sind typisch für andere Zelltypen wie Bindegewebe, Knorpel-, Herz- und Lungenzellen. Myt1l funktioniert daher wie ein molekularer Wächter, der bewirkt, dass eine Zelle während der Reprogrammierung zu einer Nervenzelle nicht gleichzeitig versucht eine Bindegewebszelle zu bleiben oder ein anderer Zelltyp zu werden. Erstaunlicherweise verbessert Myt1l auch die Differenzierung von Neuronen aus natürliche Nervenvorläuferzellen in Zellkultur. Inaktiviert man Myt1l akut in Gehirnzellen von Mäuse-Embryonen, differenzieren diese nicht mehr effizient zu Nervenzellen. Myt1l ist daher auch bei der normalen Differenzierung von Nervenzellen wichtig. Interessanterweise ist Myt1l einer der wenigen Transkriptionsfaktoren die dauerhaft in Nervenzellen aktiv sind. Schaltet man Myt1l in bereits entwickelten Nervenzellen von neugeborenen Mäuse aus, verlieren diese Zellen nicht nur Geneexpressionsmuster und funktionelle Eigenschaften von Nervenzellen, sondern aktivieren auch Gene, die ansonsten nur in Herz- oder Hautzellen exprimiert sind. Es scheint als würde der molekulare Wächter Myt1l Nervenzellen davor schützen ihre Funktion und Identität zu verlieren. Da Mutationen in Myt1l mit neuropsychologischen Erkrankungen wie Autismus und Schizophrenie in Verbindung stehen, ist es möglich dass diese Erkrankungen aus einer „Identitätskrise“ der Nervenzellen hervorgehen. Meine Forschungsergebnisse zeigen erstmals wie wichtig die dauerhafte Repression von unerwünschten genetischen Programmen für die Entwicklung und Erhaltung von Nervenzellidentität ist. Dies könnte neue Wegen eröffnen, um Erkrankungen wie Autismus oder Schizophrenie besser zu verstehen und zu behandeln. Myt1l spielt dabei eine einzigartige Rolle, indem es etliche Nicht-Nervenzellprogramme ausschaltet. Der repressive Wächter Myt1l agiert daher als perfektes Gegenstück zu aktivierenden Transkriptionsfaktoren wie beispielsweise Ascl1, um gemeinsam Nervenzellen wirksam und zum richtigen Zeitpunkt zu generieren. Die Kombination von Aktivator und Repressor könnte die erfolgreiche und effiziente Reprogrammierung von Nervenzellen erklären und dazu führen, dass ähnliche Kombinationen für weitere Zelltypen gefunden werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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