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Völkerrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit. Formen zwischenstaatlicher Konfliktlösung (1860 bis 1930)
Antragsteller
Dr. Jakob Zollmann
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft
Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft
Förderung
Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 247185984
Das Vorhaben analysiert die Praxis völkerrechtlicher Schiedsgerichtsbarkeit sowie die Friedensbewegung und deren Hoffnung auf Pazifizierung durch Verrechtlichung im Kontext des späten 19. und frühen 20. Jhr. Die Methodik dafür ist interdisziplinär ausgerichtet: historisch-hermeneutische werden mit juristisch-normativen Fragestellungen verknüpft. Zudem werden politikwissenschaftliche Thesen zur Konfliktlösung in den internationalen Beziehungen einer Prüfung unterzogen. Die zwei leitenden Fragestellungen sind: Was sind die historisch-politischen Kontextbedingungen, unter denen sich politische Akteure anstelle militärischer Mittel oder bilateraler Verhandlungen auf die Konfliktlösung durch Dritte einließen? Was sind die Gründe für den Bedeutungszuwachs völkerrechtlicher Schiedsgerichtsbarkeit? Es ist das Ziel, in diesem Vorhaben drei Hypothesen zu überprüfen: 1. Im Untersuchungszeitraum fand eine -- wenn auch angesichts des Kolonialismus und des 1. Weltkriegs nicht lineare -- Entwicklung hin zu einer stärkeren Verrechtlichung der nichtmilitärischen Konfliktlösung zwischen Staaten statt. Die Verrechtlichung ging einher mit dem Niedergang des staatlichen Souveränitätsarguments. Damit wurde eine juristische Argumentationsgrundlage geschaffen, auf der die seit 1945 gültigen Prinzipien der Streitbeilegung mittels zwischenstaatlicher (Schieds-)Gerichtsbarkeit gründen. 2. Auf Grund der Orientierung an nationalen Rechtsstandards kam es zu einer personellen und institutionellen Professionalisierung bei der völkerrechtlichen Prozessführung ebenso wie bei der Art der Urteilsfindung und -begründung durch die Schiedsrichter. Die Annahme einer juristischen Verschränkung zwischen nationalen und internationalen Standards ist vor dem Hintergrund einer breiten sozialwissenschaftlichen und sozialhistorischen Diskussion zur Professionalisierung zu überprüfen. 3. Die Einwirkung der Öffentlichkeit, besonders der Friedensbewegung, auf die Verrechtlichung und Professionalisierung der zwischenstaatlichen Tribunale war, trotz eines anderslautenden Selbstbildes der Zeitgenossen, im Untersuchungszeitraum gering. Die Hypothesen sollen verifiziert werden anhand der Versuche, unter Rückgriff auf zunehmend verfeinerte völkerrechtliche Verfahren den internationalen Friedenszustand zu sichern oder wiederherzustellen. Hierzu gehören die Schiedssprüche selbst, aber auch die Prozesse und die Debatten um die Entscheidung, einen Konflikt durch Dritte beilegen zu lassen. Denn das völkerrechtliche Staatshandeln ist angesichts fortschreitender demokratischer Teilhabe von seinen jeweiligen innerpolitischen Voraussetzungen nicht zu trennen. So wird ein Kernproblem der internationalen Beziehungen und der Konfliktforschung bearbeitet: Die Bedingungen der Möglichkeit nichtmilitärischer Konfliktbeilegung zwischen Staaten. Dieses Vorhaben trägt damit zum Verständnis und zur präziseren Fassung der Voraussetzungen und Grenzen gegenwärtiger Formen globaler Konfliktlösung durch Recht bei.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen