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Mediale Konstruktionen von Frieden in Europa 1710-1721

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2013 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 243974054
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die periodische Presse bildete um 1700 einen zentralen Kommunikations- und Verständigungsraum für die diplomatischen Akteure auf dem Utrechter Friedenskongress. Nicht nur als Informations- und Nachrichtenmedium, sondern vor allem im Hinblick auf die Formulierung von Friedenskonzepten, - ideen und -vorstellungen, die in den Kern der Verhandlungen stießen. Auf der Basis einer quantitativ-qualitativen Analyse von deutschen, französischen, niederländischen und englischen Zeitungen zwischen 1710-1715 konnte gezeigt werden, dass sich, beginnend mit den Parlamentswahlen in England die Entstehung einer spezifischen “Friedenskonjunktur” feststellen lässt. Sie wurde europaweit rezipiert und diente immer wieder als Referenzrahmen für die Anknüpfung je eigener Friedensvorstellungen. Die Analyse auf der Begriffsebene mithilfe der Historischen Diskurssemantik konnte zudem herausarbeiten, dass insbesondere die Verknüpfung mit Begriffen der politischen Sprache wie “bonum commune” oder “common sense” einen zentralen Legitimationsbezug herstellen. Gleichermaßen konnten Vorschläge oder Ansprüche der gegnerischen Parteien mit Hinweisen auf einen “schlechten” oder “unehrenhaften” Frieden abgeschmettert warden. Die Ergebnisse sind in dreierlei Hinsicht für die Umbrüche in der politischen Kultur um 1700 interessant: • Mit der Betonung des “bonum commune”, des “common sense” rücken die hinter ihren regierenden Fürsten stehenden Gemeinwesen mit ihren Friedensbedürfnissen deutlich stärker in den Fokus als zuvor die persönliche “Ehre” der Fürsten. Auch auf dieser Ebene lässt sich die für das 17. und dann vor allem 18. Jhd. charakteristische Verschiebung von dynastischen auf “nationale” Interessen feststellen. • Dies ist zu einem großen Teil der nun wichtiger werdenden Funktion der periodischen Presse zu verdanken, deren Reichweite zunehmend über den Kreis der Höfe und der “société des princes” hinausgeht. Nicht nur vor dem Hintergrund höfischer Logiken ist Frieden als Ergebnis bestimmter Verhandlungen zu kommunizieren und zu legitimieren, sondern zunehmend auch im Hinblick auf das lesende Bürgertum. • Auf diese Weise wurden die Medien selbst zu Akteuren in diplomatischen Prozessen greifbar, die genauso wie die internationale Gruppe der Diplomaten international agierte, sich gegenseitig rezipierte, zitierte und aufeinander Bezug nahm. Friedensverhandlungen, wie hier der Utrechter Friedenskongress, waren also auch europäische Medienereignisse – wobei den Medien aber in den zukünftigen Forschungen eine aktive Rolle zugesprochen und erforscht warden muss, nicht nur den reinen Beobachter- und Berichterstatus. Die Studie reiht sich damit ein in ein sich während der Laufzeit sehr dynamisch entwickelndes Forschungsfeld zwischen der frühneuzeitlichen Diplomatie- bzw. Geschichte der internationalen Beziehungen und der Medien- und Kommunikationsgeschichte, die sich gerade zunehmend auf den Bereich von Nachrichten, Informationsrezeption und aktiver Steuerung dieser Prozesse befasst – insbesondere in Großbritannien und den Niederlanden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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