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Modellierung und Simulation von Wachstum in weichen Biomaterialien

Fachliche Zuordnung Mechanik
Angewandte Mechanik, Statik und Dynamik
Förderung Förderung von 2014 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 241697724
 
Faltenbildung in inhomogen wachsenden Biomaterialien kann zu unterschiedlichsten Oberflächenstrukturen führen. Typische Beispiele sind die krankhafte Einengung der Luftröhre und der Bronchien bei Asthmapatienten, Faltenbildung durch Hautalterung und die gefalteten Oberfläche des Gehirns, die eine maximale Anzahl an Nervenzellen bei minimaler Länge der Übertragungswege garantiert. Im Laufe dieses Projektes wurden wachstumsinduzierte strukturelle Instabilitäten hauptsächlich am Beispiel der Gehirnfaltung untersucht. Zum einen ist das Gehirn bis heute das am wenigsten verstandene menschliche Organ, zum anderen treten beim Gehirnwachstum sowohl wachstumsinduzierte mechanische Instabilitäten als auch mechanisch induziertes biologisches Wachstum auf. Die äußere graue Substanz wächst morphogenetisch und deutlich schneller als die innere weiße Substanz, die nur wächst, wenn das Gewebe gedehnt wird. Während der ersten Phase des Projektes wurde ein vereinfachtes mechanisches Modell für Gehirnwachstum auf Grundlage der nichtlinearen Kontinuumsmechanik entwickelt, das erste Einblicke in die Charakteristiken wachstumsinduzierter primärer und sekundärer Instabilitäten bietet. Mit kontinuierlichem Wachstum der äußeren Schicht nehmen die Eigenspannungen stetig zu, bis mechanische primäre Instabilitäten zunächst zu periodischer Faltenbildung führen. Mit weiter andauerndem Wachstum treten sekundäre Instabilitäten auf, die höhere Wellenformen und dadurch eine zunehmend komplexere Oberflächenstruktur hervorrufen. Während der zweiten Phase des Projektes soll nun das Simulationsmodell durch realistische Material- und Wachstumsgesetze weiterentwickelt werden. Hierfür werden Modellierung und Simulation durch biomechanische Tests von Gehirngewebe ergänzt. Unter anderem sollen zusätzlich zeitliche und regionale Einflüsse auf das Materialverhalten einbezogen werden. Diese ergänzenden experimentellen Studien ermöglichen nicht nur realistischere Simulationen der Gehirnentwicklung, sondern können auch zur verbesserten Modellierung von Hirntumorwachstum oder von Verletzungen während eines Schädel-Hirn-Traumas beitragen. Mit dem verbesserten mechanischen Modell für Gehirnwachstum werden schließlich verschiedene Charakteristiken gesunder und krankhafter Faltenbildung untersucht. Die Struktur der Gehirnoberfläche steht in engem Zusammenhang mit der Hirnfunktion. So haben Fehlbildungen des Gehirns Symptome wie geistige Behinderung oder Epilepsie zur Folge. Das Simulationsmodell offenbart den Zusammenhang zwischen weitestgehend erforschten Störungen auf der Zellebene und makroskopisch sichtbaren Fehlbildungen, die leicht durch bildgebende Verfahren diagnostiziert werden können. Das mechanistische Verständnis des Faltungsprozesses unseres Gehirns kann die frühzeitige Diagnose von Fehlbildungen ermöglichen und somit zur verbesserten Prävention und Therapie von geistigen Erkrankungen beitragen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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