Molekulare und biologische Charakterisierung eines neuen Virus aus Möhre mit einer für Pflanzenviren unbekannten Genomorganisation
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen dieses Projekts wurde ein neues Virus aus Möhre mit einem monopartiten +ssRNA Genom von 8067 Basen charakterisiert, dessen 3‘-Ende polyadenyliert ist. Das Genom kodiert für eine Replikase, die neben einer Peptidase auch konservierte Motive einer Methyltransferase, Helikase und RNA abhängigen RNA Polymerase (RdRp) enthält, sowie ein weiteres unbekanntes Gen (ORF2). Dieses zeigt keine signifikanten Sequenzähnlichkeiten zu Genbankeinträgen, es konnten jedoch neben einer N-terminalen Signalpeptidsequenz auch 3 Transmembrandomänen identifiziert werden, die Transporteigenschaften haben könnten. Das ORF2 zeigte in Untersuchungen keine Suppressionswirkung auf den Mechanismus des posttranskriptionalen Gen- Silencing. Eine subgenomische RNA von der dieses Gen translatiert werden könnte wurde im Northernblot nachgewiesen und sequenziert. Sequenzvergleiche der RdRp und des ORF2 verschiedener europäischer Herkünfte zeigten eine sehr geringe Variabilität. Nach anfänglichen Instabilitäten konnte in einem binären Vektor (pCB301) ein Volllängenklon des Virus aus 4 Teilen aufgebaut werden. Sowohl Agroinokulation als auch mechanische Inokulation von T7-Transkripten an jungen Möhren führten nicht zu nachweisbaren Infektionen. Die vollständige Sequenzierung des Volllängenklons ergab zwar 23 Nukleotid-Austausche, ob diese jedoch für die fehlende Infektiosität verantwortlich sein können oder z.B. die natürliche Variabilität des Isolates widerspiegeln, ist unklar. Verschiedene Ansätze zur Reindarstellung von Virionen waren nicht erfolgreich und sowohl die gegen exprimierte virale Proteine als auch synthetisierte Peptide des ORF2 gewonnenen Antiseren zeigten leider keine spezifischen Reaktionen in immunelektronenmikroskopischen Untersuchungen und Western-Blots mit Proteinen virusinfizierter Pflanzen, so dass die Partikelmorphologie bzw. die Existenz eines Hüllproteins des neuen Virus unbekannt ist. Elektronenmikroskopische Untersuchungen von Ultradünnschnitten von infizierem Möhrengewebe zeigten keine auffälligen zellulären Veränderungen und ergaben keine Hinweise auf die Lokalisation und Morphologie des Virus. Übertragungsversuche (mechanisch, Läuse, Boden) auf ein breites Wirtsspektrum waren nicht erfolgreich, so das über den Mechanismus der beobachteten natürlichen Ausbreitung des Virus im Feld nichts bekannt ist. Darüber hinaus konnten keine weiteren Wirte identifiziert werden. Aufgrund der Ähnlichkeiten der RdRp und Helikase des neuen Virus zu Pflanzenviren der Gattung Benyvirus und Vertebratenviren der Gattung Hepevirus, die in einem auf insbesondere den RdRp Sequenzen basierenden Evolutionsszenario auf einen gemeinsamen Vorfahr (Klasse III +ssRNA Vorfahr) zurückzuführen sind, lässt sich auch das neue Virus hier einordnen. Taxonomisch kann das Virus keiner bekannten Gattung zugeordnet werden, ein gemeinsamer Vorfahre mit der Gattung Benyvirus ist jedoch denkbar. Bisher hat das neue Virus eine isolierte Stellung, eine genauere Einordnung wird erst die Entdeckung weiterer naher und entfernterer Verwandter Viren ermöglichen.