Die lateinische ars dictaminis im Mittelalter
Final Report Abstract
Die mittelalterlichen ars dictaminis, jener Zweig der mittelalterlichen Rhetorik, der sich dem Verfassen von Briefen und anderen Prosadokumenten widmete, fand und findet in der Geschichts- und Kulturwissenschaft kaum Beachtung. Geht man aber davon aus, dass die artes dictandi Gebrauchstexte von großer Verbreitung waren, die feste Regularien für das formgerechte Abfassen von Briefen und von fast allen anderen Prosatexten vorgaben und die uns deswegen direkt über die Kommunikationsregeln und die politisch-moralischen Vorstellungen einer Gesellschaft ins Bild setzen, dann wird deutlich, dass der Erkenntniswert dieser Texte durchaus höher zu veranschlagen ist, als bislang geschehen. Das wissenschaftliche Netzwerk präsentiert vor dem Hintergrund der enormen Rezeption und Verbreitung dieser Texte im Mittelalter und vor dem Hintergrund der desolaten Forschungslage gemäß der im Antrag formulierten Zielsetzung folgende Ergebnisse: 1. Ein auf der kollektiven Quellenkenntnis von rund 15 Autoren basierendes und die historisch-gesellschaftlichen Implikationen einbeziehendes Handbuch der mittelalterlichen Briefstilehre, für das es bis heute auch in anderen Sprachen kein Äquivalent gibt. 2. Auf methodischer Ebene wird ein zweites, auf eine Tagung vornehmlich mit Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern zurückgehendes Buch publiziert, das Zugänge und Theorien im Umgang mit dieser Quellengattung entwickelt und erprobt, die es erlauben, die Wechselwirkungen von rhetorischer Lehre und sozialer Praxis zu analysieren. Mit dem Handbuch und dem Band von „Case Studies“ stehen am Ende des Netzwerkes zwei (im Antrag bereits angekündigte) Produkte, die auf eine intensive, interdisziplinäre und internationale Forschungsarbeit zurückgehen und das Potential haben, die Forschungen zur mittelalterlichen Briefkultur und zur mittelalterlichen Rhetorik insgesamt anzuregen.
Publications
- Il dictamen e i valori comunali nell’Italia di inizio XII secolo, in: Le dictamen dans tous ses états. Perspectives de recherches sur la théorie et la pratique de l’ars dictaminis (XIe-XVe s.), hg. v. Benoit Grevin/Anne-Marie Turcan-Verkerk (Bibliothèque d'histoire culturelle du Moyen Âge), Turnhout 2015, S. 45-59
Florian Hartmann
(See online at https://doi.org/10.1484/M.BHCMA_EB.5.105474) - Christlich-muslimische Kommunikation im Spiegel lateinischer und arabischer Prosalehren und Kanzleihandbücher, in: Archiv für Kulturgeschichte 98 (2016), S. 297-314
Florian Hartmann
(See online at https://doi.org/10.7788/akg-2016-0204) - Die Anfänge der Universität Bologna. Rhetoriklehre und das studium in artibus im 12. und frühen 13. Jahrhundert, in: Zwischen Konflikt und Kooperartion. Praktiken der europäischen Gelehrtenkultur (12.-17. Jahrhundert), hg. v. Marian Füssel/Jan Hendryk de Boer/Frank Rexroth (Historische Forschungen. Band 114), Berlin 2016, S. 25-44
Florian Hartmann
- Imitation als Prinzip der Lehre. Beispiele aus der Briefrhetorik im 13. Jahrhundert, in: Nachahmen im Mittelalter. Dimensionen – Mechanismen – Funktionen, hg. v. Andreas Büttner u.a. (Archiv für Kulturgeschichte. Beihefte) Köln u.a. 2018, S. 73-88
Florian Hartmann
- Ars dictaminis. Handbuch der mittelalterlichen Briefstillehre, Stuttgart (Hiersemann) 2019, 720 S.
Florian Hartmann/Benoît Grévin (Hrsg.)
- Der mittelalterliche Brief zwischen Norm und Wirklichkeit. Fallbeispiele für die Wechselwirkung von Theorie und Praxis, Böhlau Verlag, 2020, 340 S.
Florian Hartmann et al. (Hrsg.)
(See online at https://doi.org/10.7788/9783412519643)