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Praktiken der Ähnlichkeitserzeugung in der neueren europäischen Architektur.
Antragsteller
Professor Dr. Hans-Rudolf Meier; Professor Dr. Carsten Ruhl
Fachliche Zuordnung
Theater- und Medienwissenschaften
Kunstgeschichte
Musikwissenschaften
Kunstgeschichte
Musikwissenschaften
Förderung
Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 213948042
Mimetische Praktiken und Techniken sind in der Architektur und ihren Diskursen allgegenwärtig. Bereits Vitruv erklärte die Entstehung der Architektur weitgehend mimetisch. In der Folge bot der Vitruvianismus des 15. bis 18. Jahrhunderts mimetischen Konzepten breite Entfaltungsmöglichkeiten, wobei die Nachahmung der Natur in der Regel über die Aneignung antiker Vorbilder erfolgte. Zur Topik der Selbsterklärung von Architekten gehört bis heute, ihren Entwurfsprozess mit dem Rekurs auf etwas vorzugsweise in der Natur Vorgefundenes zu erklären.Praktiken des Zitierens, Kopierens, der Montage, des Remakes und der Mimikry sind gängige Verfahren im architektonischen Alltag. Dennoch ist das Paradigma der Originalität bis heute beherrschend und verstellt oft den Blick auf mimetische Phänomene, und dies, obwohl im Zeichen von Re-Semantisierung und Identitätskonstruktionen Phänomene wie Rekonstruktionen, Kopien oder Neubauten in historisierenden Formen allgegenwärtig sind. Darüber hinaus blieb bisher weitgehend unberücksichtigt, dass sich seit dem 18. und 19. Jahrhundert das Verständnis architektonischer imitatio naturae vom Motivischen zum Prozessualen gewandelt hat. Für die neuere westliche Architektur ist es vor diesem Hintergrund symptomatisch, dass das Spektrum der klassischen Analogiebildungen um Begriffe wie Naturgeschichte, morphing, folding und Autopoiesis erweitert wurde. Die damit skizzierten Konzepte architektonischer Mimesis ließen sich unter folgenden Stichworten in einem größeren Horizont zusammenfassen: Anthropometrie und Vitruvianismus, Kritik der Mimesis und Krise der Repräsentation, Architekturgeschichte als Naturgeschichte, Nachahmung der Technik und Techniken des Nachahmens.Das vorgeschlagene Projekt widmet sich auf der Grundlage dieser sich historisch überlagernden Paradigmen der Untersuchung von Nachahmungsstrategien in der Architekturtheorie und Architektur seit der Postmoderne. Das Spektrum reicht von Rekonstruktionen oder Konstruktionen historischer Fassaden bis zur Mimikry natürlicher Veränderungsprozesse oder der Interpretation des architektonischen Körpers als kybernetischen Organismus. Die damit benannten Facetten gliedern sich in die vier folgenden Teilaspekte des Projekts: a) Rekonstruktionen, Kopien oder historisierende Neubauten als Prozess der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Architektur; b) Aspekte der Wunscherzeugung und der Magie von Rekonstruktionen, Kopien etc.; c) Übernahme materieller Reste (Spolien) in Neubauten als Prozess der Bedeutungsstiftung; d) Nachahmung oder Reproduktion schöpferischer Naturprozesse als architektonische Mimikry.Die Gegenstandsbereiche beschäftigen sich somit mit den drei im Mantelantrag definierten Formen der Mimesis, lassen sich allerdings nicht deckungsgleich jeweils einer von ihnen zuweisen. Durchweg wird es darum gehen, die mimetischen Praktiken auf die Spezifika der Architektur zu befragen, auf die Materialität, Körperlichkeit und öffentliche, institutionelle Präsenz der Architektur.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
Teilprojekt zu
FOR 1867:
Geschichte und Theorie mimetischer Praktiken