Project Details
Projekt Print View

Pastoral Care with Traveling Showmen. Life-World and Religious Interpretation of the Reality of 'People on the Move'

Subject Area Protestant Theology
Term from 2013 to 2016
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 237860743
 
Final Report Year 2017

Final Report Abstract

Das Forschungsprojekt hatte zum Ziel, eine Praktische Theologie der Schaustellerseelsorge zu entwerfen. Tatsächlich war die Schaustellerseelsorge ein Themenfeld der Praktischen Theologie, das bisher kaum erforscht ist. Die besonderen lebensweltlichen Bedingungen und religiösen Bedürfnisse der Gruppe der Schausteller und Schaustellerinnen wurden mit Methoden der empirischen Religionsforschung im Kontext kulturwissenschaftlicher und historischer Studien erhoben und nachvollzogen. Es wurden teilstrukturierte Interviews mit Schaustellerinnen und Schaustellern sowie mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die in diesem Feld tätig sind, geführt und mit den Methoden der rekonstruktiven Sozialforschung ausgewertet. Ergänzt wurden diese Interviews durch teilnehmende Beobachtungen und explorative Studien im Feld (Märkte und Messen, Circusveranstaltungen). Dabei konnten sog. ‚Sonderkasualien‘ wie etwa die Geschäftseröffnung erhoben und in die praktisch-theologische Kasualtheorie integriert werden. Eine Überraschung bildete die Exploration eines Rituals im Ritual der Geschäftseröffnung. Die Praxis des Masselpfennigwerfens kann in einem engen Zusammenhang mit dem Segenshandeln bei biografischen Kasualien gesehen werden: Mit dem Werfen der Masselpfennige liegt ein speziell auf den Kontingenzanteil geschäftlichen Erfolgs zielendes Ritualelement vor, das diesen Kontingenzanteil mit der Vorstellung eines indirekten, sympathetischen Wirkungszusammenhangs positiv zu beeinflussen sucht. Dabei handelt es sich um eine authentische rituelle Schaustellertradition, die in einen christlich geformten Ritualzusammenhang aufgenommen wurde und erstmals ausführlich dokumentiert werden konnte. Wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist die starke lebensweltliche Kontextuierung religiöser Deutungen und schaustellertypischen Kasualien. Insbesondere in dem religionstheoretisch erarbeiteten Konzept der ‚gesteigerten Kontingenz‘ lassen sich vielschichtige Aspekte religionsaffiner Unsicherheiten und Risiken der Lebens- und Arbeitswelt von Schaustellerinnen und Schaustellern bündeln. Mobilität, Gefahren, Krankheit und andere Risiken sind in hohem Maße präsent und werden in Gesprächen mit Seelsorgern und Seelsorgerinnen thematisch, zugleich sind sie aber auch Gegenstände individuellen und gemeinschaftlichen Ritualhandelns. Die Relevanz religiöser Deutungspraktiken und Bewältigungsstrategien konnte modellhaft gezeigt werden. Darüber hinaus ist es gelungen, exemplarisch wesentliche Impulse für eine lebensweltlich geprägte Praktische Theologie der Schaustellerseelsorge zu gewinnen. So konnten auch Konnexe zwischen Seelsorgelehre und Kasualtheorie sowie Seelsorgelehre und Pastoraltheologie gezeigt werden. Eine empirische Untersuchung zur Lebenswelt dieser Sozialgruppe ist über das konkrete Forschungsprojekt hinaus für die Praktische Theologie wie die Kulturwissenschaften interessant, weil an dieser speziellen Gruppe exemplarisch der Zusammenhang zwischen religiöser Einstellung und religiösen Praxen untersucht werden konnte.

Publications

  • Circus- und Schaustellerseelsorge: soziokulturelle Hintergründe seelsorglicher Begegnungen mit langzeit-reisenden Familien. Ein ethnografischer Beitrag, in: Merle, Kristin (Hg.): Kulturwelten. Zum Problem des Fremdverstehens in der Seelsorge (Studien zu Religion und Kultur; 3), Münster u.a. 2013, 187–204
    Eisel, Bernhard
  • Seelsorge auf der Reise. Zum Verständnis der Schaustellerseelsorge in empirischer und poimenischer Perspektive, in: International Journal of Practical Theology 17 (2013), 28–49
    Eisel, Bernhard
  • „Es ist einfach eine christliche Sache.“ – Gruppenspezifisches Ritualhandeln und die Kasualpraxis der Volkskirche, in: Kirchentheorie. Praktisch-theologische Perspektiven auf die Kirche (VWGTh; 41), hg. von Birgit Weyel und Peter Bubmann, Leipzig 2014, 189–203
    Bernhard Eisel/Kristin Merle
  • Gesteigerte Kontingenz. Aspekte von Lebenswelt und Religion im Schaustellerbereich, in: Schaustellerseelsorge, Gera: Garamond 2017, 215–245
    Eisel, Bernhard
  • Gute Unterhaltung! Homiletische Reflexionen, in: Schaustellerseelsorge, Gera: Garamond 2017, 349–371
    Merle, Kristin
  • Schaustellerseelsorge. Interdisziplinäre Zugänge zu Lebenswelt und Religion von Menschen ‚auf der Reise‘ (Interdisziplinäre Studien zur Praktischen Theologie; 2), Gera: Garamond 2017 (410 S.)
    Kristin Merle/Bernhard Eisel/Birgit Weyel (Hg.)
  • „Sie sind ihr eigener Herr“. Perspektiven der Schaustellerseelsorgerinnen und -seelsorger auf das Handlungsfeld der Circus- und Schaustellerseelsorge, in: Schaustellerseelsorge, Gera: Garamond 2017, 47–72
    Eisel, Bernhard
 
 

Additional Information

Textvergrößerung und Kontrastanpassung