Detailseite
Projekt Druckansicht

Die kommunizierte IO: Öffentlichkeitsarbeit, Inklusion zivilgesellschaftlicher Akteure und die globale Politisierung Internationaler Organisationen

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 236311339
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Inwiefern haben IOs ihre Öffentlichkeitsarbeit über die vergangenen Jahrzehnte ausgebaut und welche Rolle spielte dabei ihre Politisierung, d.h. ihre gestiegene mediale Salienz bzw. Umstrittenheit? Welchen Einfluss haben IOs auf öffentliche Debatten genommen - gerade auch im Hinblick auf deren Kapazität, die Politiken und Verfahren von IOs kritisch zu reflektieren? Theoretischer Ausgangspunkt der Analyse bilden drei zu Beginn des Projektes entwickelte Perspektiven auf IO-Öffentlichkeitsarbeit: Gemäß der Transparenzperspektive dient Öffentlichkeitsarbeit primär der öffentlichen Information über wichtige Entscheidungen und Politikprogramme. Der Governanceperspektive folgend, ist IO-Öffentlichkeitsarbeit eher als Mittel problemorientierten Regierens zu verstehen, dessen Fokus sich auf die direkte Implementation internationaler Politikprogramme auf der Ebene gesellschaftlicher Prozesse bzw. Diskurse verlagert. Als Selbstlegitimation dient Öffentlichkeitsarbeit schließlich vor allem dazu, gesellschaftliche Anerkennung bzw. Unterstützung der jeweiligen IO selbst zu schaffen. Ausgehend von diesem Theorierahmen wurden Hypothesen zu den Ursachen, Strategien und Wirkungen von IO-Öffentlichkeitsarbeit formuliert und anhand dreier Teilstudien systematisch getestet. Teilstudie 1 umfasste die Erhebung und Analyse zentraler Strukturvariablen von IO-Öffentlichkeitsarbeit (Aufgaben, Organisation, Planung) für 48 internationale Organisationen und den Zeitraum von 1950 bis 2015. Die Ergebnisse der deskriptiven Analyse dieser Strukturvariablen bestätigen den erwarteten Trend professionalisierter Öffentlichkeitsarbeit, jedoch auch eine erhebliche Varianz zwischen IOs. Die Ergebnisse verschiedener Zeitreihen- bzw. Ereignisdatenanalysen weisen darauf hin, dass sich diese Varianz vor allem durch Timing bzw. Intensität IO-bezogener Protestaktivitäten bzw. Skandale erklären lässt. Dies spricht für den Mechanismus einer primär auf Selbstlegitimation zielenden Öffentlichkeitsarbeit im Kontext verstärkter Politisierung. Darüber hinaus erweist sich auch ein hoher Mitgliederanteil demokratischer Staaten als erklärungskräftig und zwar insbesondere im Kontext gesellschaftlich virulenter Erwartungen an die Transparenz bzw. Rechenschaftspflichtigkeit politischer Institutionen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Öffentlichkeitsarbeit von IOs nicht zuletzt auf Betreiben demokratisch gewählter Regierungen verstärkt wurde, da diese gestiegenen Erwartungen an Rechenschaftspflichtigkeit vermutlich stärker Rechnung tragen (müssen), als autokratische Regierungen. Teilstudien 2 und 3 widmeten sich der Öffentlichkeitsarbeit des UN Department Public Information (UNDPI) im Kontext der Verhandlungen zum internationalen Waffenhandelsvertrages (Arms Trade Treaty) von 2006 bis 2015 bzw. mit dem Fokus auf die Kommunikation von Fällen sexueller Ausbeutung/Missbrauch (sexual exploitation and abuse, SEA) im Kontext von UN-Blauhelmmissionen zwischen 1996 und 2015. Beide Fallstudien bestanden zunächst in einer Inhaltsanalyse von kommunikativem Output von UN-Öffentlichkeitsarbeit (Pressemitteilung etc.) sowie Agenturmeldungen der globalen Nachrichtenagenturen (Reuters, Associated Press). Gemäß beiden Studien trägt UN-Öffentlichkeitsarbeit deutliche Züge strategischer Kommunikation: So bevorzugte das Sekretariat die Stellungnahmen anderer Akteuren (Mitgliedstaaten, NGOs, Experten), wenn diese Akteure bestimmte, vom Generalsekretär ebenfalls vertretene Policy-Positionen zum ATT enthielten. Im Einklang mit der Governanceperspektive finden sich Hinweise auf eine strategische Öffentlichkeitsarbeit zugunsten eines "starken" ATT. Im SEA-Fall zeigen sich dagegen eher "selbstlegitimatorische" Strategien. SEA wird vom Sekretariat auffällig selten thematisiert und vorhandene Informationen über die Täter systematisch zurückgehalten - wodurch es der Öffentlichkeit erheblich erschwert wird, sowohl den truppenstellenden Staaten als auch der UN die de facto vorhandene politische Verantwortung für SEA zuzuweisen. Schließlich belegen beide Fallstudien, dass UN-Öffentlichkeitsarbeit jeweils einen erheblichen und normativ problematischen Einfluss auf den globalen Nachrichtenfluss nahm.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung