Regionale Vernetzung und überregionaler Anspruch. Mittelalterliche Sakralarchitektur am Mittelrhein (1250 bis 1450)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Für die architekturgeschichtliche Forschung ist von besonderem Interesse, dass zwei verschiedene Transferwege der gotischen Architektur ins Mittelrheintal aufgezeigt werden konnten, die beide der älteren Vorstellung von einer Verbreitung durch wandernde Werkstätten widersprechen. Zum einen wurde für den Bau der Wernerkapelle gezielt die Kölner Kathedralgotik nach Bacharach importiert, zum anderen brachten die Franziskaner eine ganz anders artikulierte Ordensgotik mit ins Tal, die über die Adaption beim Neubau der Oberweseler Liebfrauenkirche richtungsweisend für den Sakralbau im Mittelrheintal wurde. Gerade die Vermittlung der Gotik durch die Bettelorden war für den Mittelrhein noch nicht bekannt. Hier böte sich Potential für weitere Forschungen. Abschließend lässt sich im Hinblick auf die Fragestellungen festhalten, dass die Ergebnisse des Projekts deutlich eine entscheidende Rolle der Auftraggeberschaft erkennen lassen. Die lokalen, regionalen und überregionalen Netzwerke der Auftraggeber – und weniger der Werkstätten – bestimmten letztlich die Transferwege für Bauformen und -techniken. In diesem Zusammenhang wurde die Sakralarchitektur auch genutzt, um im geostrategisch bedeutsamen Mittelrheintal mit seinen vielfältigen Überlagerungen von Interessensphären und Herrschaftsstrukturen eine institutionelle oder politische Zugehörigkeit auszudrücken und damit verbundene Ansprüche architektonisch zum Ausdruck zu bringen. Eine überraschende und für die architekturikonologische Forschung wichtige neue Erkenntnis ist die Bedeutung des Kirchherrn als Referenz, der im Mittelrheintal mehr Gewicht zukam als der Zugehörigkeit zu einem Herrschaftsterritorium oder einer Kirchenprovinz.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Schaufassade und Durchlichtung. Architektur und Glas unter Erzbischof Peter von Aspelt und seinen Nachfolgern in Mainz und Oppenheim, in: Bednarz, Ute/Helten, Leonhard/Siebert, Guido (Hg.): Im Rahmen bleiben. Glasmalerei in der Architektur des 13. Jahrhunderts. II. Int. Paul-Frankl-Kolloqu. Halle (Saale) 2014, Berlin 2017, S. 161-177
Engel, Ute
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Die Baugeschichte von St. Martin zu Bingen, in: Schäfer, Regina (Hg.): St. Martin in Bingen. Die Geschichte der Basilika, Roßdorf 2016, S. 92-122
Horn, Hauke
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Baukultur am Mittelrhein. Beziehungen zwischen Fluss und Architektur im 13. und 14. Jahrhundert, in: Huber-Rebenich, Gerlinde/ Rohr, Christian/ Stolz, Michael (Hg.): Wasser in der mittelalterlichen Kultur. Gebrauch – Wahrnehmung – Symbolik, Berlin 2017, S. 163-178. (Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung, Beihefte 4)
Horn, Hauke
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Ummanteln oder neu Bauen? Die rheinischen Kathedralen in Konkurrenz im 13. und 14. Jahrhundert, in: Bürger, Stefan/Kallweit, Ludwig (Hg.): Capriccio & Architektur. Das Spiel mit der Baukunst. Festschrift für Bruno Klein, Berlin 2017, S. 91-100
Engel, Ute
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Die Baugeschichte der Burgkirche in Ingelheim, in: INSITU. Zeitschrift für Architekturgeschichte 10, 2.2018, S. 195-210
Horn, Hauke
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Liasons rhénanes. Le dessin N° 6 de la cathédrale de Strasbourg et la chapelle de Werner à Bacharach dans le contexte du gothique rhénan, in: Bulletin de la Cathédrale de Strasbourg 23, 2018, S. 85-97
Horn, Hauke
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Virtuosentum. Hängemaßwerk, Luftrippen und Tugendmänner als Import- /Exportgut der Gotik in Mainz und am Mittelrhein im 14. und 15. Jahrhundert, in: Büchsel, Martin/Droste, Hilja/ Wagner, Berit (Hg.): Kunsttransfer und Formgenese in der Kunst am Mittelrhein 1400-1500, Berlin 2019, S- 87-113. (Neue Frankfurter Forschungen zur Kunst; 20)
Engel, Ute
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Gotische Architektur am Mittelrhein. Regionale Vernetzung und Überregionaler Anspruch, Berlin 2020 (Phoenix. Mainzer Kunstwissenschaftliche Bibliothek; 5) ISBN 978-3-11-057719-8
Horn, Hauke/Müller, Matthias (Hg.)