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Postsynthetische Modifikationen von DNA und RNA durch bioorthogonale Reaktionen

Fachliche Zuordnung Biologische und Biomimetische Chemie
Förderung Förderung von 2013 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 233936261
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Grundlegendes Ziel dieses Projektes war die Entwicklung der bioorthogonalen Chemie an Nucleinsäuren für die Modifizierung mit Fluorophoren. Wir konzentrierten uns auf metallfreie Reaktionen, insbesondere die ringspannungsgetriebene Azid-Alkin-Cycloadditionen, die Diels-Alder-Reaktionen mit inversem Elektronenbedarf und die Photoclick-Reaktionen, um diese Chemie nicht nur an fixierten Zellen, sondern auch in lebenden Zellen anwenden zu können. Bereits in der ersten Förderperiode stellten wir fest, dass sich bioorthogonale Reaktionen nicht eins-zu-eins von Proteinen, für die die Chemie schon weitentwickelt war, auf Nucleinsäuren übertragen lassen. Für jede wichtige bioorthogonal reaktive Gruppe testeten wir die chemische Synthese auf fester Phase mit Phosphoramiditen als Bausteine und die enzymatische Primerverlängerung in Lösung mithilfe von DNA-Polymerasen und Nucleotidtriphosphaten als Bausteinen. Unter diesen Bedingungen müssen die bioorthogonal reaktiven Gruppen stabil sein, was insbesondere durch die harschen Bedingungen der chemischen Synthese problematisch ist. Das zeigte sich insbesondere bei den Tetrazinen, die in der Proteinchemie längst etablierte bioorthogonal reaktive Gruppen darstellen, aber durch die chemische Synthese gar nicht in DNA eingeführt werden können. Mithilfe von DNA-Polymerasen gelingt das, jedoch bleiben die Ausbeuten nachfolgender Markierungsexperimente unseren Ergebnissen entsprechend unter den Erwartungen. Die Triazine sind deutlich stabiler und können problemlos eingesetzt werden. Auch Cyclopropene können gut mithilfe von DNA-Polymerasen in Oligonucleotide eingebaut werden und zeigen quantitative Markierung. Cyclooctine und Tetrazole sind flexibel über die chemische als auch über die biochemische DNA-Synthese verwendbar. In der zweiten Förderperiode vertieften wir ausgewählte Aspekte der bioorthogonalen Nucleinsäurechemie. Bei den Photoclick-Reaktionen konnte die Anregung an die Grenze des sichtbaren Bereiches (405 nm) verschoben werden, um UV-Licht zu vermeiden. Eine weitere bathochrome Verschiebung wäre nur bedingt sinnvoll, weil wir dann in den Anregungsbereich der angehängten Fluorophore gelangen. Unter Ausnutzung des Energietransfers konnten wir fluorogene Photoclick-Reaktionen mit einem fast zehnfachen Fluoreszenzanstieg verwirklichen. Die Verkleinerung der bioorthogonal reaktiven Gruppen für Nucleinsäuren war für uns ein wichtiges Ziel im Hinblick auf die zellbiologische Anwendung, stellte uns aber vor mehr als erwartbar große synthetische Herausforderungen, weswegen wir hier noch nicht zu einem abschließenden Ergebnis kamen. Reaktive 7-Deaza-2‘-Desoxyadenosine sind nicht nur alternative Bausteine für die bioorthogonale Markierung von DNA, sondern sogar bevorzugt, weil sie in Echtzeit-Kinetik-Messungen einen wesentlich schnelleren Einbau durch DNA-Polymerasen in Oligonucleotide als die 2‘-Desoxyuridine zeigten. Der höhere synthetische Aufwand lohnt sich, was wir an den cyclopropen- und triazinmodifizierten Bausteinen zeigen konnten. In Kombination gelang auch die orthogonale sequenzspezifische Markierung mit zwei verschiedenen Fluorophoren. In der PCR-Anwendung zeigte sich der Unterschied zu 2‘-Desoxyuridinen noch deutlicher, weil bei der Amplifizierung mehrere Modifikationen in die PCR-Produkte eingebaut werden. Wir stellten fest, dass nur modifizierte 7-Deaza-2‘-desoxyadenosine für die PCR geeignet sind. Die Übertragung der bioorthogonalen Chemie auf RNA gelang uns exemplarisch für die neuartigen Photoclick-Reaktionen und für die Diels-Alder-Reaktionen. Bioorthogonale Markierungen vorsynthetisierter DNA gelangen sogar in lebenden Zellen, sowohl für die ringspannungsgetrieben Azid-Alkin-Cycloaddition als auch für die Diels-Alder-Reaktionen, dort sogar in Form einer orthogonalen Doppeltmarkierung mit zwei unterschiedlichen Fluorophoren, was ein wichtiger Schritt für die Anwendung in der chemischen Biologie darstellt. Durch dieses Projekt ist nun dokumentiert, welche bioorthogonale Reaktionen für Nucleinsäuren geeignet sind und welche Bausteine dafür verwendet werden können. Wir haben zwei Übersichtsartikel publiziert, um unsere Ergebnisse mit denen anderer aus der Literatur zu vergleichen. In ihnen werden nach unserer Kenntnislage alle bekannten DNA- und RNA-Bausteine mit bioorthogonaler Reaktivität dokumentiert. Dabei zeigt sich, dass die bioorthogonale Chemie an Nucleinsäuren jetzt reif ist, um als Werkzeug in der chemischen Biologie in Zukunft routinemäßig angewendet zu werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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