Bruxismus und Okklusion als Risikofaktoren für CMD- Bestimmung des spezifischen Einflusses parafunktioneller und okklusaler Parameter auf die Prävalenz, Inzidenz und Progression von schmerzassoziierten kraniomandibulären Dysfunktionen (CMD) -
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Zielsetzung im beantragten Forschungsvorhaben war die Bestimmung des spezifischen Einflusses parafunktioneller und okklusaler Parameter auf die Prävalenz, Inzidenz und Progression von schmerzassoziierten kraniomandibulären Dysfunktionen (CMD). In der Übersichtsarbeit zur Rolle der Okklusion in der Ätiologie von kraniomandibulären Dysfunktionen konnte gezeigt werden, dass verschiedene okklusale Parameter als mögliche Risikofaktoren für CMD in Frage kommen würden. Die entsprechenden Studien waren aber zumeist von geringer methodischer Qualität (z.B. nur retrospektiv oder Querschnitt) und keines der Risikofaktoren wies eine Konsistenz auf. Die widersprüchlichen Ergebnisse lassen aktuell keinen Schluss zur Bedeutung der Okklusion für CMD zu und zeigen gleichzeitig auch ein Bedarf an insbesondere prospektiven Studien zur Risikoabschätzung. In solch einer prospektiven Studie zur verkürzten Zahnreihe konnte untersucht werden, ob das Belassen oder Wiederherstellung der verkürzten Zahnreihe gegenüber dem Ersatz der fehlenden Molaren mittels Teilprothesen die Entwicklung von CMD-Schmerzen über einen Zeitraum von 5 Jahren beeinflusst. Wie sich herausstellte, veränderte der Ersatz der fehlenden Molaren nicht wesentlich das Risiko für anamnestische oder klinisch verifizierte CMD-Schmerzen gegenüber dem Erhalt der verkürzten Zahnreihe. Die charakteristische Schmerzintensität unterschied sich quasi nicht zwischen beiden Gruppen. Es lies sich daher schlussfolgern, dass der Erhalt oder die Wiederherstellung einer verkürzten Zahnreihe keinen wesentlichen Risikofaktor für CMD-Schmerzen darzustellen scheint. Da neben den bereits beschriebenen okklusalen Faktoren der Psyche der Personen eine herausragende Bedeutung bei der Entstehung und Progression von CMD-Schmerzen zukommt, wurde untersucht, ob Angstneigung als relativ stabile Persönlichkeitseigenschaft einer Person mit einem Risiko für CMD-Schmerzen assoziiert ist. Angstneigung wurde mit State-Trait Anxiety Inventory (STAI) erhoben, welches zwischen Zustands- und Eigenschaftsangst unterscheiden kann. Es zeigte es sich, dass die Ausprägung von Eigenschaftsangst stark mit dem Vorhandensein von CMD-Schmerzen zusammenhing. Stark ausgeprägte Angstneigung verdoppelte das Risiko für CMD-Schmerzen. Damit konnte nachgewiesen werden, dass eine erhöhte Angstneigung wesentlich mit einem erhöhten Risiko für CMD-Schmerzen assoziiert ist. Neben dem Einfluss der Okklusion und von psychosozialen Beeinträchtigungen auf CMD-Schmerzen waren auch Parafunktionen als potentielle Risikofaktoren Inhalt der Untersuchungen. Es wurde untersucht, inwieweit Wach- und Schlafbruxismus als voneinander unabhängige Risikofaktoren anzusehen sind oder ob es Interaktionen hinsichtlich des Risikos für CMD-Schmerzen, also s.g. Effektmodifikationen gibt. Wie in vielen Untersuchungen üblich, wurde sowohl Wach- als auch Schlafbruxismus als Selbstangabe erhoben. Die Analysen ergaben, dass sich das Risiko für CMD-Schmerzen nur unwesentlich für die separate Angabe von Wach- oder Schlafbruxismus unterschied (jeweils etwa Verdopplung des Risikos). Hingegen stieg das Risiko wesentlich beim gleichzeitigen Vorliegen von Wach- und Schlafbruxismus. Dies kann als starker Indikator für einen Interaktionseffekt zwischen Wach- und Schlafbruxismus gewertet werden. Solch eine Effektmodifikation ist bisher noch nie nachgewiesen wurden. Daher kann der gefundene Interaktionseffekt nur als Hypothese gewertet werden und muss im Datensatz aus dem RDC-TMD Validation Project in den longitudinalen Daten des gerade abgeschlossenen CMD Follow-up-Projekts erneut getestet werden. Diese Arbeiten laufen gerade.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Die Rolle der Okklusion in der Ätiologie von kraniomandibulären Dysfunktionen. ZWR 2013;122:138-145
Reissmann DR, John MT, Sierwald I
- Exploratory factor analysis of the Oral Health Impact Profile. J Oral Rehabil 2014;41:635-43
John MT, Reissmann DR, Feuerstahler L, Waller N, Baba K, Larsson P, Celebic A, Szabo G, Rener-Sitar K
(Siehe online unter https://doi.org/10.1111/joor.12192) - Temporomandibular Disorder Pain Is Related to the General Disposition to be Anxious. J Oral Facial Pain Headache 2014;28:322-330
Reissmann DR, John MT, Seedorf H, Doering S, Schierz O
- The randomized shortened dental arch study: temporomandibular disorder pain. Clin Oral Investig 2014;18:2159-2169
Reissmann DR, Heydecke G, Schierz O, Marre B, Wolfart S, Strub JR, et al.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00784-014-1188-3) - Association of temporomandibular disorder pain with awake and sleep bruxism in adults. J Orofac Orthop, July 2015, Volume 76, Issue 4, pp 305–317
Sierwald I, John MT, Schierz O, Hirsch C, Sagheri D, Jost-Brinkmann P-G, Reissmann DR
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00056-015-0293-5)