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Das Konzil im Gedächtnis der Stadt. Die Verhandlung von Wissen über die Vergangenheit in der städtischen Geschichtsschreibung am Oberrhein im 15. und 16. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 231906078
 
Das Projekt widmet sich in einem neuen Zugriff der städtischen Geschichtsschreibung des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit im Oberrheingebiet. Geschichtsschreibung der Stadt wird nicht mehr allein als von der Obrigkeit gesteuerte, legitimationsstiftende Geschichtskonstruktionen verstanden, sondern vielmehr als Teil des dynamischen Gedächtnisses der Stadt, in welchem die Vergangenheit zwischen verschiedenen städtischen Gruppen in historiographischer Form immer wieder neu ausgehandelt wurde. Den Ausgangpunkt für die Untersuchungen bildet die Konstanzer Konzilschronik, insbesondere die von ihr ausgehende Geschichtsschreibung. Die Konzilschronik ist ein in ihrer Form einzigartiger Bericht des Konstanzers Ulrich Richental über das von 1414 bis 1418 in Konstanz tagende Konzil, welcher mit einem umfangreichen Bildprogramm, ausführlichen Listen der Teilnehmer aus aller Welt sowie deren Wappen ausgestatten wurde. Folgerichtig hat die Konstanzer Konzilschronik viel Aufmerksamkeit erfahren, die sich jedoch meist auf den verlorenen Urtext, den Augenzeugenbericht des Ulrich Richental fokussierte, wobei aber die heute überlieferten Handschriften erst aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammen. Während sich die Forschung bislang darauf konzentrierte, diese Überlieferungslücke hin zu den Ereignissen des Konzils zu überbrücken, geht das Projekt konsequent von den in den Handschriften sichtbaren Überlieferungskonstellationen aus und fragt nach den Gründen für die Transformation des Texts im späten 15. Jahrhundert, zu einem Zeitpunkt, als die Ereignisse des Konzils bereits einige Zeit zurücklagen. Auch in der zweiten Rezeptionsphase der Konzilschronik während der Reformationszeit, als die Zeitgenossen Verbindungslinien zwischen den Lehren des in Konstanz als Ketzer verbrannten Jan Hus und denen Martin Luthers zu ziehen begannen, wird der hohe Erinnerungswert deutlich, den das Konzil für die Geschichtsschreibung des Oberrheingebiets besaß. Der Text der Konzilschronik hatte sich längst von ihrem Verfasser Richental gelöst und bot seinen verschiedenen städtischen Rezipienten in Konstanz und am Oberrhein ein reichhaltiges Angebot an historischem Wissen, dessen Funktionalisierung und Refunktionalisierung durch Überlieferungsanalysen beschrieben werden soll. Der Vernetzung der städtischen Geschichtsschreibung, speziell in den oberrheinischen Bischofsstädten Konstanz, Basel und Straßburg, geht das Projekt nach, indem es ausgehend von der Konzilschronik die Untersuchung auf andere ausgewählte Schlüsseltexte ausweitet, die in ähnlicher Weise zwischen den Städten weitergeben, umgeformt und miteinander kombiniert wurden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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