Die Unterscheidung menschlichen Verhaltens auf der Basis gegenseitiger Interferenzanfälligkeit.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Menschen zeigen eine enorme Vielfalt von Verhaltensweisen: Diese reichen von einfachen, unvermeidbaren Reflexen (d.h., nicht-intentionalem Verhalten) bis zu Handlungen, also Verhalten, welches mit einer bestimmten Intention ausgeführt wird, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Bei Letzterem wird in der Psychologie mitunter eine (qualitative) Unterscheidung zwischen reizbasierten und zielbasierten Handlungen diskutiert, welche mit sogenannten forced-choice Aufgaben (ein Stimulus gibt eindeutig die eine richtige Handlung vor) und free-choice Aufgaben (ein:e Akteur:in kann zwischen mehreren, gleichermaßen richtigen, Handlungen selber wählen) operationalisiert werden. In diesem Projekt wurde zur (qualitativen) Unterscheidung solcher vermeintlicher Verhaltensklassen deren Anfälligkeit für Doppelaufgabeninterferenz herangezogen. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der ersten durchgeführten Studien lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: (1) Nichtintentionales Verhalten ist nicht anfällig für Doppelaufgabeninterferenz und unterscheidet sich somit qualitativ von (interferenzanfälligen) Handlungen. (2) Beide mitunter unterschiedenen Arten von Handlungen sind in gleichem Maße anfällig für Doppelaufgabeninterferenz und unterscheiden sich somit nicht qualitativ. Tatsächlich scheinen sich beide – zur Operationalisierung verwendeten – Aufgaben hinsichtlich anderer Eigenschaften zu unterscheiden, nicht aber in Bezug auf die Reaktionsauswahl. In weiteren Experimenten wurde daher (a) eine Analogie von free-choice Aufgaben mit Zufallsgenerierungsaufgaben demonstriert und (b) experimentell herausgearbeitet, dass zur Bearbeitung einer free-choice Aufgabe die endogene Aktivierung einer geeigneten Stimulusrepräsentation nötig zu sein scheint. Insgesamt haben die Ergebnisse dieses Projektes dazu beigetragen, die mitunter vorgetragene Unterscheidung zweier Arten von Handlungen aufzuweichen. Stattdessen wurden in jüngerer Vergangenheit auch von anderen Forscher:innen Studien beigetragen, die Gemeinsamkeiten statt Unterschiede nahelegen. Darüber hinaus erlauben die Befunde aber auch eine kritische Betrachtung der Frage, was free-choice Aufgaben tatsächlich operationalisieren – eine Frage, der in laufender und zukünftiger Forschung nachgegangen wird.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2014). Exceptions to the PRP effect? A comparison of prepared and unconditioned reflexes. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 40(3), 776-786
Janczyk, M., Pfister, R., Wallmeier, G., & Kunde, W.
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(2015). No differences in dual-task costs between forced- and free-choice tasks. Psychological Research, 79(3), 463-477
Janczyk, M., Nolden, S., & Jolicoeur, P.
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(2015). The benefit of no choice: Goal-directed plans enhance perceptual processing. Psychological Research, 79(2), 206-220
Janczyk, M., Dambacher, M., Bieleke, M., & Gollwitzer, P.M.
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(2016). Die Rolle von Handlungszielen bei der Entstehung von Doppelaufgabenkosten. Psychologische Rundschau, 67(4), 237-249
Janczyk, M.
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(2017). Stimulus-response links and the backward crosstalk effect – A comparison of forced- and free-choice tasks. Acta Psychologica, 177, 23-29
Naefgen, C., Caissie, A., & Janczyk, M.
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(2018). Free choice tasks as random generation tasks: An investigation through working memory manipulations. Experimental Brain Research, 236(8), 2263-2275
Naefgen, C., & Janczyk, M.
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(2018). Why free choices take longer than forced choices: Evidence from response threshold manipulations. Psychological Research, 82(6), 1039-1052
Naefgen, C., Dambacher, M., & Janczyk, M.
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(2019). Smaller backward crosstalk effects for free choice tasks are not the result of immediate conflict adaptation. Cognitive Processing, 20(1), 73-85
Naefgen, C., & Janczyk, M.
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(2020). Are freely chosen actions generated by stimulus codes or effect codes? Attention, Perception, & Psychophysics, 82(7), 3767-3773
Janczyk, M., Naefgen, C., & Kunde, W.