"Ökonomie der Faszination" - Las Vegas und Dubai als Beispiele thematisch inszenierter Stadtlandschaften
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Zentrum des Forschungsprojekts stand die Untersuchung der wichtigsten Faktoren und Mechanismen einer zunehmenden Inszenierung und Erlebnisorientierung von Stadtlandschaften. Dazu sollten einerseits ökonomische und politische Erfolgsfaktoren im Sinne einer unternehmerischen Stadtpolitik, andererseits semiotische und konsumtive Aspekte wie Images, Attraktionen und Aufmerksamkeitsfaktoren analysiert werden. Es wurde für die empirischen Erhebungen eine Methodenkombination aus qualitativen Leitfadeninterviews mit Schlüsselakteuren (39 in Dubai und 37 in Las Vegas) und quantitativer Fragebogenerhebung mit Touristen und Bewohnern (845 in Dubai und 527 in Las Vegas) gewählt. Für ein analytisches Verständnis von Inszenierung und Erlebnisorientierung wurde als Forschungsperspektive die Leitlinie einer „Ökonomie der Faszination" entwickelL Sie integriert semiotische und handlungstheoretische Ansätze und setzt sich auf einer Zeichen- und Symbolebene mit der Wirkungsweise von Erlebnissen und Inszenierungen auseinander, während auf einer Handlungsebene die wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Akteure, deren Handlungsweisen sowie strategische Kooperationen und Konkurrenzverhältnisse im Mittelpunkt stehen. Durch die Untersuchungen in Las Vegas und Dubai konnten nachgewiesen werden, dass in beiden Städten eine ökonomische Orientierung und privatwirtschaftliche Entscheidungsträger immer stärker die Stadtpolitik und damit auch die Gestalt der Stadtlandschaft prägen. Die Ergebnisse verdeutlichen allerdings, dass sich der Erfolg beider Destinationen nicht allein mit einer Kompetenz- und Aufgabenabtretung zu Gunsten privater Akteure im Rahmen einer Urban Govemance erklären lässt. Vielmehr spielen die engen Verflechtungen zwischen öffentlichem und privatem Sektor und eine strategische Allianz aller beteiligten Akteure bei der Vermarktung und der strategischen Positionierung der Destination die entscheidende Rolle. Neben einer ökonomisch orientierten Stadtpolitik brachten die Untersuchungen Aufschluss über die konsumtiven Gesichtspunkte der Inszenierung von Stadtlandschaften. In beiden Städten sorgen Superlative in Form von riesigen Erlebniswelten und spektakulären Bauwerken für Attraktivität und Aufmerksamkeit. Fast wichtiger als die Erlebnisangebote vor Ort sind jedoch die mediale Vermarktung und die Mystifizierung der Destination. Über den geschickten Einsatz bekannter Symbole und Zeichen in den Medien lässt sich Bedeutung generieren und „Faszination" im Sinne einer Verzauberung der Konsumenten erreichen. In großangelegten Medienspektakeln werden in Dubai beispielsweise die Wahrzeichen der Stadt durch Prominente in Szene gesetzt. Las Vegas versucht dagegen sich als Sündenstadt zu verkaufen und sorgt mit dem Tabubruch für die notwendige Aufmerksamkeit. Es sind genau solche Aufmerksamkeitsstrategien, die hinter der zunehmenden Inszenierung von Stadtlandschaften und einer verstärkten Ästhetisierung der Alltagswelt stehen. Der Modellcharakter von Dubai und Las Vegas bleibt allerdings begrenzt, zu unterschiedlich sind jeweils die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen an anderen Standorten. Andererseits lassen sich die untersuchten Mechanismen auch andernorts nachweisen, so dass die entwickelte Leitlinie einer „Ökonomie der Faszination" einem allgemeinen Verständnis von Inszenierung und Erlebnisorientierung dient.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2006): Economy of Fascination: Dubai and Las Vegas as examples of a thematic production of urban landscapes. In: Erdkunde, 60 (4), S. 346-361
Schmid, H.
- "Economy of Fascination - themed urban landscapes of postmodernity" - Proceedings of the International Heidelberger Symposium November 2007
Schmid, H.; Urry, J.; Sahr, W .
- (2007): Ökonomie der Faszination: Aufmerksamkeitsstrategien und unternehmensorientierte Stadtpolitik. In: Berndt, Ch.; Pütz, R. (Hg.): Kulturelle Geographien. Zur Beschäftigung mit Raum und Ort nach dem Cultural Turn. Bielefeld, S. 289-316
Schmid, H.