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Die bundesrepublikanische Gesellschaft im Spiegel der theologischen Ethik
Antragsteller
Professor Dr. Martin Laube
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Förderung
Förderung von 2013 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 200984086
Die in der evangelischen Theologie nach 1945 geführten ethischen Debatten sind stets auch als gegenwartshermeneutisch ausgerichtete Selbstverständigungsdebatten zu begreifen: Im Medium der ethischen Reflexion erarbeitet sich die Theologie ein Verständnis der modernen Welt und Gesellschaft; diese Deutungsarbeit dient wiederum dazu, den Ort des evangelischen Christentums – und seiner Theologie – im Horizont der jungen bundesrepublikanischen Gesellschaft zu bestimmen. Im Hintergrund steht eine tiefgreifende Krise der überkommenen theologischen Deutungs- und Orientierungsmuster. Die bis dahin maßgebliche Ordnungstheologie ist diskreditiert, zugleich wird eine pauschale Abgrenzung von der ‘säkularen’ Moderne zunehmend als unzureichend empfunden. Stattdessen wächst in den 1950er und 1960er Jahren ein neues Bewusstsein für die veränderte gesellschaftliche Gesamtlage in der frühen Bundesrepublik. Die politische, wirtschaftliche und soziale Konsolidierung des neuen Staatswesens, die neuartigen Herausforderungen und Ambivalenzen des gesellschaftlichen Pluralismus sowie nicht zuletzt die ‘Systemfrage’ des Ost/West‐Konflikts legen den Ausfall befriedigender theologischer Deutungsfiguren offen, geben den Anstoß zu einer tiefgreifenden Umarbeitung der eigenen Tradition und führen zu einem Rezeptionsschub zeitgenössischer human‐, sozial- und kulturwissenschaftlicher Theorieansätze. Eine umfassende Aufarbeitung der Ansätze, Strömungen und Entwicklungen in der evangelischen Sozialethik der 1950er und 1960er Jahre unter dem spezifischen Gesichtspunkt ihrer impliziten Deutung der eigenen gesellschaftlichen Gegenwart fehlt bislang. Diese Lücke sucht das Forschungsprojekt zu schließen. Es richtet sein Augenmerk vorrangig auf die in der – akademisch betriebenen – theologischen Ethik hintergründig wirksamen Deutungsfiguren zum Verständnis der bundesrepublikanischen Gesellschaft und schlüsselt sie in ihren jeweiligen Motivlagen, fächerübergreifenden Verbindungslinien und inhaltlichen Verschiebungen auf. Im Rahmen der hier beantragten ersten Förderphase gliedert es sich in drei – als Dissertationsvorhaben angelegte – Teilprojekte: Teilprojekt 1 bearbeitet den Übergang von der Ordnungstheologie zur Institutionentheorie in der evangelischen Sozialethik der 1950er und 1960er Jahre. Teilprojekt 2 untersucht die theologische Auseinandersetzung mit dem Marxismus in den 1950er und 1960er Jahren. Teilprojekt 3 schließlich widmet sich dem evangelischen Staatsverständnis im Spiegel ethischer Entwürfe der 1950er und 1960er Jahre. Alle drei Teilprojekte sind erstens über die zeitliche Beschränkung auf die 1950er und 1960er Jahre, zweitens über die materiale Konzentration auf die Ebene theologischer Ethik sowie drittens über die inhaltliche Orientierung an der Leitfrage theologischer Gesellschaftsdeutung aufs Engste miteinander verzahnt.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen