Apokalyptische Bewegungen und ihr Einfluß auf den Wandel von Wissensordnungen am Beispiel der 2012-Bewegung.
Empirische Sozialforschung
Religionswissenschaft und Judaistik
Wissenschaftsgeschichte
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projektes war es, Formen und Strategien der Institutionalisierung umstrittener, als nicht-wissenschaftlich geltender Wissensbestände auf der Basis von Fallstudien (Theorie morphogenetischer bzw. morphischer Felder, Forschungen zu Nahtoderfahrungen, Instrumentelle Transkommunikation) zu rekonstruieren, und diese mit einem Zentrum-Peripherie-Modell zu beschreiben und zu analysieren. Außerwissenschaftliche Formen von Öffentlichkeit, so die Leitidee, stellen gerade für Repräsentanten nicht allgemein anerkannter Wissensgebiete einen Adressaten ihrer Forschung dar, mit dessen Hilfe sie über den Umweg einer Popularisierung Druck auf die Institutionen im Zentrum des gesellschaftlichen Teilbereiches Wissenschaft ausüben können. Dabei zeigte sich zum einen, dass zwischen den drei untersuchten Feldern sachliche wie teils auch personelle Verknüpfungen bestehen. Diese kulminieren letztlich darin, dass sich – auch jenseits der untersuchten Fallstudien – distinkte Forschungsgebiete unter einem als „postmaterialistisch“ reflektierten Paradigma vereinen, welches als Gegenentwurf zur materialistischreduktionistischen Orthodoxie im Zentrum der Wissenschaft gedacht wird. Für die öffentliche Wirkung dieses Paradigmas und der einzelnen Forschungsgebiete spielen einerseits populärwissenschaftliche Publikationen eine zentrale Rolle, andererseits aber auch die Einbindung öffentlicher Publika in die ‚periphere’ Forschung, bspw. im Rahmen von citizen science-Modellen. Stellenweise – so im Fall der Nahtodforschung – besitzen die Repräsentanten dieser Forschungsgebiete über institutionelle Anbindungen an den Wissenschaftsbetrieb, die ihnen in der allgemeinen Öffentlichkeit als Seriositätsnachweis dienen und die innerwissenschaftlich zur Institutionalisierung genutzt werden. Zugleich werden aber auch in der Peripherie nicht allgemein anerkannter Wissensbestände Grenzziehungen zu Wissensbeständen vorgenommen, die aufgrund ihres fragwürdigen epistemischen Status oder infolge ihrer kulturellen Delegitimierung als Gefahr für die eigene institutionelle Verdichtung gesehen werden. Pointiert: Nahtodforscher wollen nicht mit spiritistischen Jenseitsgläubigen in einen Hut geworfen werden. In der Öffentlichkeit nun treffen die peripheren Wissensakteure auf eine weitere Akteursgruppe, die sich der Verteidigung „echter“ Wissenschaft verschrieben hat: Die sogenannten „Skeptiker“. Diese agitieren öffentlich gegen die ihnen mitunter als pseudowissenschaftlich geltenden Wissensbestände, tragen hierdurch aber zugleich dazu bei, dass deren öffentliches Wirken immer wieder von Neuem thematisiert wird. Trotz ihres teils ebenfalls peripheren Status nehmen Skeptiker in der (massenmedialen) Öffentlichkeit eine legitime Sprecherposition ein.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Die Pointe der Prophetie zeigt sich, wenn sei scheitert. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.12.2012, S. N 3
Albrecht, Clemens
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(2016): Grenzgefechte an der Peripherie – „Pseudowissenschaft“, „Skeptiker“ und der Kulturkampf um die Öffentlichkeit. In: Keller, Reiner / Raab, Jürgen (Hg.): Wissensforschung – Forschungswissen. Beiträge und Debatten zum 1. Sektionskongress der Wissenssoziologie. Weinheim / Basel, S. 200-210
Fries, Fabian
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(2018): Am Limes der Wissenschaft: Funktionale Verschränkungen zwischen orthodoxen Zentren und heterodoxen Peripherien. In: Schetsche, Michael / Schmied-Knittel, Ina (Hg.): Heterodoxie. Konzepte, Traditionen und Figuren der Abweichung. Köln, S. 234-254
Albrecht, Clemens / Fries, Fabian
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(2018): Was die UFO-Forschung von Indianern lernt. Sprachliches Relativitätsprinzip und die Alienität von Welterfahrung und Wissensorganisation. In: Poferl, Angelika / Pfadenhauer, Michaela (Hg.): Wissensrelationen. Weinheim / Basel, S. 151-164
Albrecht, Clemens
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Wie gehen wir mit esoterischen Erfahrungen der Feldforscher um? Vom Herumschnüffeln in den Randzonen etablierter Wissensfelder am Beispiel des „Familienstellens“. In: Hitzler, Ronald u.a. (Hg.): Herumschnüffeln – aufspüren – einfühlen. Ethnographie als ‚hemdsärmelige’ und reflexive Praxis. Essen 2018
Albrecht, Clemens / Fries, Fabian / Günther, Tania
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(2019): Avantgarde oder Häresie. Orthodoxe Zentren und heterodoxe Peripherien in der Wissenschaft. Dissertation Universität Bonn
Fries, Fabian