Wettbewerb zwischen Universitäten im 19. und 20. Jahrhundert in Deutschland
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ausgehend von den aktuellen, durch die Exzellenzinitiative angestoßenen Debatten über Wettbewerb im Hochschulsystem zielte das Projekt auf eine historisch-vergleichende Analyse institutioneller Konkurrenz zwischen Universitäten in Deutschland. Es ging dabei von der Annahme aus, dass nicht erst die Exzellenzinitiative einen interuniversitären Wettbewerb schuf, sondern dass bereits im 19. Jahrhundert Universitäten miteinander konkurrierten, allerdings in anderer Form als heute. Um diese sich historisch wandelnden Formen von Konkurrenz in den Blick zu bekommen, stützte sich das Projekt auf konzeptionelle Überlegungen Georg Simmels, der Konkurrenz als ein triadisches Verhältnis zwischen mindestens zwei Konkurrenten und einem "Dritten versteht, der die begehrte „Prämie“ des Wettbewerbs verteilt. Das erste Teilprojekt befasst sich mit dem längerfristigen Wandel interuniversitärer Konkurrenz über zwei Jahrhunderte und fokussierte dabei auf Reform- und Umbruchphasen von der Spätaufklärung über die Zeit des Deutschen Kaiserreiches, die NS-Diktatur, die Hochschulexpansion der "langen 1960er Jahre" bis hin zu den 1980er Jahren. Dabei konnte gezeigt werden, dass bereits mit der Gründung der Reformuniversität Göttingen (1737) eine Konkurrenz der Universitäten um Professoren und Studenten in Gang kam. Allerdings ist keineswegs von einer linearen Zunahme interuniversitärer Konkurrenz auszugehen, vielmehr wechselten sich Phasen hohen Konkurrenzdrucks, wie etwa im ausgehenden 18. Jahrhundert, mit Zeiten von nur schwach ausgeprägtem Wettbewerb, zum Beispiel in den 1960er Jahren, ab. Vor allem um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kam es zur Ausdifferenzierung der Konkurrenten, Prämien und umworbenen "Dritten". Da das deutsche Hochschulwesen stets durch Etatismus und Föderalismus geprägt war, traten die Universitäten nicht nur als Konkurrenten auf, sondern profitierten auch ihrerseits von der Konkurrenz der deutschen (Bundes-)Länder. Staatlichen Versuchen, den Wettbewerb zwischen den Universitäten stillzulegen, wie etwa im Nationalsozialismus, waren allenfalls begrenzte Erfolge beschieden, da sich die Konkurrenz oftmals lediglich auf andere Gebiete verlagerte, um neue Prämien geführt wurde oder nach gewisser Zeit erneut zum Durchbruch gelangte. Das zweite Teilprojekt nahm aus einer "bottom-up"-Perspektive die Konstituierung interuniversitärer Konkurrenz von den 1980er Jahren bis zur ersten Exzellenzinitiative in den Blick. Ausgehend von sechs Fallbeispielen konnte gezeigt werden, dass der Abbruch des Hochschulausbaus in den 1970er Jahren im Zusammenspiel mit neuen wissenschaftspolitischen Prioritätensetzungen eine Konkurrenz der Universitäten um ihre Grundfinanzierung sowie um die Besetzung neuer Forschungsfelder erzeugte. In der neuen Knappheitssituation entfachten konservative und neoliberale Hochschulpolitiker eine Diskussion über die Notwendigkeit von mehr interuniversitärem Wettbewerb, die allerdings erst in den 1990er Jahren vor dem Hintergrund der Globalisierungsdiskussion auf die Hochschulgesetzgebung durchschlug. Entscheidend für die kompetitive Ausrichtung von Universitäten waren Rektoren und Präsidenten, die sich als Hochschulmanager verstanden und der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Institution verpflichtet sahen. Hochschulrankings transformierten den interuniversitären Wettbewerb seit den 1990er Jahren, indem sie eindeutige und signifikante Qualitätsunterschiede zwischen den Hochschulen suggerierten und damit eine neuartige Konkurrenz um Prestige schufen. Die Exzellenzinitiative lässt sich daher in mehrere längerfristige Trends einordnen, markierte aber insofern eine Zäsur, als sie einer Stratifizierung des Hochschulsystems Vorschub leistete.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„Der Geist des Wettbewerbs ist aus der Flasche.“ Der Exzellenzwettbewerb zwischen den deutschen Universitäten in historischer Perspektive, in: Jahrbuch für Universitätsgeschichte 14 (2011), S. 49-73
Margit Szöllösi-Janze
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Konkurrenz um Exzellenz: Universitäten im Wettbewerb, in: Reinhold Reith (Hg.), Die Paris Lodron Universität Salzburg, Salzburg 2012, S. 247-259
Margit Szöllösi-Janze
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Eine Art pole position im Kampf um die Futtertröge. Thesen zum Wettbewerb zwischen Universitäten im 19. und 20. Jahrhundert, in: Ralph Jessen (Hg.), Konkurrenz in der Geschichte. Praktiken - Werte - Institutionalisierungen, Frankfurt/New York 2014, S. 317-351
Margit Szöllösi-Janze
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Universitäten im Wettbewerb : Deutschland von den 1980er Jahren bis zur Exzellenzinitiative / (Dissertation). In: Wissenschaftskulturen. Reihe III: Pallas Athene; Bd. 52, Steiner Verlag Stuttgart, 2019. 401 S.
Alexander Mayer
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Von der „Universitätsfabrick“ zur „Entrepreneurial University“. Konkurrenz unter deutschen Universitäten von der Spätaufklärung bis in die 1980er Jahre (Dissertation). In: Wissenschaftskulturen. Reihe III: Pallas Athene; Bd. 53, Steiner Verlag Stuttgart,
Fabian Waßer