Hygroskopische Eigenschaften von natürlichen Oligosacchariden; Modellentwicklung und Test für die Wechselwirkungen mit Wasser
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die hohe Quellfähigkeit von Hemicellulose-Materialien ermöglicht die Erzeugung von zielgerichteter Bewegung in Pflanzenmaterialien, ausschließlich gesteuert durch Wasseraufnahme. Ziel der Arbeit war es, den molekularen Ursprung dieses Quellvermögens zu untersuchen. Die im Rahmen des Projekts durchgeführten Arbeiten schaffen eine Grundlage um die Eigenschaften von hydratisierten Polysacchariden, wie z.B. Hemicellulosen, mittels Computersimulation zu untersuchen. Dafür wurden zunächst die gängigen Kohlehydrat Kraftfelder hinsichtlich Ihrer Fähigkeit die Lösungseigenschaften von Zuckerlösungen zu reproduzieren ausgiebig getestet. Es zeigte sich, dass die übliche Kombination des GLYCAM06 Kraftfeldes mit dem TIP3P Wassermodell ungeeignet ist um Zucker in Lösung zu simulieren, da schon bei geringen Konzentrationen starke Aggregation auftritt. Mit einer geeigneten Kombination von Kraftfeld und Wassermodel (GLYCAM06-TIP5P) können aber die meisten Lösungseigenschaften, sowie die Hydratisierungsenergie zuverlässig reproduziert werden. Nach der Identifikation des am besten geeigneten Kraftfeldes, wurde dies genutzt um in Simulationen von kleinen Polysacchariden die Wechselwirkungen mit Wasser und den Einfluss von Wasser auf die Konformationsfreiheit der Moleküle zu charakterisieren, und ins besondere die Faktoren zu identifizieren, welche die flexibelsten Freiheitsgrade, die Dihedralwinkel der glykosidischen Bindungen, beeinflussen. Für die Quellfähigkeit, ist vor Allem das chemische Potenzial von Wasser im System oder der damit zusammenhängende osmotischen Druck, ausschlaggebend. Unterschiedliche Methoden um diese Eigenschaften zu berechnen wurden getestet. Als am besten geeignet zeigte sich eine Methode die den osmotischen Druck auf eine virtuelle Membran im System direkt misst. Mit dieser Methode wurde der osmotische Druck für mehrere Konzentrationen von Glukose, Maltose und Maltotriose bestimmt. Wie sich zeigte, können die gängigen Kohlehydrat Kraftfelder die Experimentellen Werte nicht reproduzieren, und zeigten für die Abhängigkeit von der Molekülgröße den falschen Trend. Aus diesem Grund wurden die Lennard Jones Parameter für die Zucker-Zucker Wechselwirkungen des GLYCAM-TIP5P Kraftfeldes neu eingestellt, um die experimentellen Daten für Glukose und Maltose korrekt wiederzugeben. Die Vorhersagekraft der neuen Kraftfeldparameter wurde an Xylylose und Maltotriose Lösungen getestet, und konnte die Experimentellen Daten über eine große Konzentrationsspanne richtig wiedergeben. Mit den neuen Kraftfeldparametern wurde systematisch der Einfluss der Molekularen Struktur von Xyloglucose Bausteinen auf die Osmotischen Eigenschaften des Systems getestet. Es wird gezeigt, dass verzweigte Polysaccharide zu einem deutlich höheren Osmotischen Druck führen, als die äquivalenten linearen Moleküle. Auch die genaue Molekülstruktur, i.e. der Punkt der Verzweigung kann vor allem bei längeren Seitenketten eine Rolle spielen. Um das Quellverhalten auf Längen- und Zeitskalen untersuchen zu können die über die Begrenzungen atomistischer Simulationen hinausgehen, wurde eine Prozedur entwickelt um übertragbare vergröberte oder „Coarse-Grained“ Modelle herzuleiten. Die Übertragbarkeit der Coarse-Grained Modelle über sowohl unterschiedliche Polysaccharidkonzentrationen als auch über unterschiedliche Polymerlängen wurde ausgiebig getestet. Diese Übertragbarkeit ermöglicht die Anwendung dieser Prozedur für die Konstruktion von großen Coarse-Grained Systemen ausgehend von kleineren atomistischen Referenzsystemen. Abschließend wurde das Coarse-Grained Modell verwendet um zu zeigen, dass lineare und verzweigte Polysaccharide ein unterschiedliches Quellverhalten aufweisen, wenn sie mit einem Wasserbad gekoppelt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Solution Properties of Hemicellulose Polysaccharides with Four Common Carbohydrate Force Fields. Journal of Chemical Theory and Computation 2015, 11 (4), 1765-1774
Sauter, J.; Grafmüller, A.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1021/ct500924f)