Pädagogische Agenten in multimedialen Lernumgebungen
Final Report Abstract
Computerbasierte Lernangebote werden vermehrt in der Weiterbildung, an Hochschulen und im Ausbildungsbereich eingesetzt. Sie stellen eine Alternative zu klassischen Lernsettings dar, die die Möglichkeit bieten, zeit- und ortsunabhängig auf Lerninhalte zuzugreifen. Auf der einen Seite gestattet die fortschreitende technische Entwicklung im Hard- und Softwarebereich die Bereitstellung komplexer Lernangebote sowie die Vereinfachung der Erstellung von Inhalten. Auf der anderen Seite werden aber auch erhöhte Anforderungen an die Lernenden gestellt, die ihre Lernprozesse zunehmend selbst regulieren müssen und auswählen, was sie wann und wie lernen möchten. In diesem Kontext stellt sich die Frage, wie multimediale Lerninhalte didaktisch zu gestalten sind, um effektives Lernen zu ermöglichen und die Lernenden bei den Aufgaben der Selbstregulation zu unterstützen. Das multimediale Lernen ist dabei als Teilgebiet der Pädagogischen Psychologie zu verstehen, in dem versucht wird, auf der Basis theoretischer Überlegungen und empirischer Studien menschliche Lehr-/Lernprozesse zu verstehen sowie Gestaltungsempfehlungen abzuleiten. Eine dieser Gestaltungsempfehlungen ist der Einsatz so genannter Pädagogischer Agenten. Das sind Figuren, die auf dem Bildschirm präsentiert werden, den Lernenden durch die multimediale Lerneinheit begleiten und didaktische Funktionen übernehmen. Sie sollen das Lernen am Computer „persönlicher“ gestalten und werden mit dem Ziel eingesetzt, die Lernenden zu motivieren und den Lernprozess zu unterstützen. Es bleibt jedoch zu fragen, ob allein die Präsentation einer solchen Figur ausreicht, um diese Ziele zu erreichen. Vor dem Hintergrund, dass die Erstellung Pädagogischer Agenten kosten- und zeitaufwändig ist, kann die Frage auch anders formuliert werden: Lohnt der Einsatz Pädagogischer Agenten, d. h. tragen sie tatsächlich zur Förderung von Motivation und Lernerfolg bei? In dem Projekt „Pädagogische Agenten in multimedialen Lernumgebungen“ wurde diese Frage untersucht. Dazu sind zunächst die Bedingungen des Einsatzes Pädagogischer Agenten zu klären: Merkmale der Lernumgebung, Lerninhalt, Zielgruppe, Merkmale der Lernenden, Funktion und Gestaltung der Figur. Das vorliegende Projekt fokussierte auf die Gestaltung der Figur, insbesondere darauf, ob der Pädagogische Agent als sympathisch empfunden wird. Dahinter stand die Überlegung, dass nur eine sympathische Figur tatsächlich motivierend wirken kann oder umgekehrt, dass eine unsympathische Figur wahrscheinlich nicht zur Motivation der Lernenden beitragen kann. Bisherige Studien hatten unterschiedliche Ergebnisse erbracht. In einigen zeigten sich leichte Lernvorteile, wenn ein Pädagogischer Agent verwendet wurde im Vergleich zu einer Version derselben Lerneinheit ohne eine solche Figur. In anderen Studien zeigten sich keine Unterschiede. Somit könnte formuliert werden, dass der Einsatz Pädagogischer Agenten nicht notwendigerweise Vorteile mit sich bringt, aber zumindest nicht schadet. Die Ergebnisse dieses Projektes legen jedoch nahe, dass diese Aussage ebenso wenig haltbar ist, wie die Annahme, dass Pädagogische Agenten generell motivierend und lernförderlich wirken. Es konnte gezeigt werden, dass die Sympathie des Pädagogischen Agenten ein wichtiges Merkmal ist, welches sich auf die Motivation der Lernenden auswirkt. Lernvorteile beim Einsatz eines Pädagogischen Agenten ergaben sich nur dann, wenn eine sympathische Figur eingesetzt wurde. In diesem Fall schnitten die Lernenden bei anspruchsvollen Lernaufgaben (ferner Transfer) besser ab, als jene, die eine neutrale, unsympathische oder gar keine Figur präsentiert bekamen. Dabei profitierten insbesondere Lernende ohne Vorwissen von dem Einsatz eines sympathischen Pädagogischen Agenten. Bei wachsendem Vorwissen scheint eine solche Hilfe weniger notwendig zu sein. Diese Ergebnisse wurden erzielt, als unterschiedliche Figuren als Pädagogische Agenten eingesetzt wurden, die über dieselbe menschliche Stimme kommunizierten. In einem zweiten Experiment wurde zudem auch die Stimme variiert, indem die unterschiedlich sympathischen Figuren jeweils mit einer sympathischen oder unsympathischen Stimme unterlegt wurden. An dieser Stelle zeigte sich erstmals ein negativer Effekt beim Einsatz eines Pädagogischen Agenten: Bei der Präsentation der unsympathischen Figur mit unsympathischer Stimme schnitten die Lernenden bei anspruchsvollen Lernaufgaben (ferner Transfer) deutlich schlechter ab als diejenigen, die eine besser gestaltete Figur oder gar keinen Pädagogischen Agenten präsentiert bekamen. Demnach bietet der Einsatz Pädagogischer Agenten kein „allgemeingültiges Rezept“, um Lernende in multimedialen Lernumgebungen zu unterstützen. Sie können bei ungünstiger Gestaltung sogar negative Effekte hervorbringen. Es sollte deshalb sorgfältig abgewogen werden, ob der Einsatz eines Pädagogischen Agenten sinnvoll erscheint und wie diese Figur gestaltet werden soll. Als Kriterien dafür sollten neben den finanziellen und zeitlichen Ressourcen vor allem das Lernziel, der Lerninhalt, die Merkmale der Zielgruppe und das didaktische Rahmenkonzept herangezogen werden.
Publications
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(2006). Do people prefer the opposite sex? Characteristics of Pedagogical Agents. EARLI SIG 6/7, Instructional Design & Learning and Instruction with Computers, June 21st-23rd, Leuven, Belgium. (Poster)
Domagk, S., Pöpperling, P. & Niegemann, H. M.
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(2006). Do people prefer the opposite sex? Characteristics of pedagogical agents. In G. Clarebout & J. Elen (Eds.), Avoiding simplicity, confronting complexity (pp. 187-192). Rotterdam: Sense Publishers
Domagk, S., Poepperling, P., & Niegemann, H. M.
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(2006). Pedagogical Agents: Do their characteristics influence the learning process? Paper presented at the Annual Meeting American Educational Research Association (AERA), April 07th-11th, San Francisco, CA, USA
Domagk, S. & Niegemann, H. M.
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(2006). Wenn ich dich mag, lerne ich besser. Die Rolle der Sympathie bei Pädagogischen Agenten. 45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), 17.-21.September, Nürnberg
Domagk, S. & Niegemann, H. M.
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(2006). Wenn ich dich mag, lerne ich besser. Die Rolle der Sympathie bei pädagogischen Agenten. In F. Lösel & D. Bender (Eds.), 45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (pp. 69). Lengerich, Berlin: Pabst Science Publishers
Domagk, S., & Niegemann, H. M.
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(2007). Does Motivation affect Cognitive Load? Paper presented at the Biennial Conference of the European Association for Research on Learning and Instruction, (EARLI), August 28th - September 1st, Budapest, Hungary
Domagk, S. & Zander, S., Niegemann, H. & Brünken, R.
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(2007). How Do (Dis)Likable Pedagogical Agents Affect the Learning Process? Paper presented at the Annual Meeting of the American Educational Research Association (AERA). April 9th–13th, Chicago, IL, USA
Domagk, S. & Niegemann, H.M.
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(2007). Motivational Aspects affecting Cognitive Load. Paper presented at the JURE Pre-Conference, August 27th-28th, Budapest, Hungary
Zander, S. & Domagk, S.
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(2008). Pädagogische Agenten in multimedialen Lernumgebungen. Empirische Studien zum Einfluss der Sympathie auf Motivation und Lernerfolg (Band 9 der Reihe Wissensprozesse und digitale Medien). Berlin: Logos
Domagk, S.
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(2008). Using pedagogical agents to support self-regulated learning. Paper presented at the XXIX International Congress of Psychology, July 20th-25th, Berlin, Germany
Domagk, S.