Mikrokalorimetrische Messungen zur Anionen- und Kationenadsorption an wohlgeordneten Au- und Pt-Elektroden - Untersuchungen zum Beitrag von Hydratation und Lösungsmittelstruktur zur Bildungsentropie der elektrochemischen Doppelschicht
Physikalische Chemie von Festkörpern und Oberflächen, Materialcharakterisierung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem Projekt wurde die bei elektrochemischen Halbzellenreaktionen reversibel ausgetauschte Wärme quantitativ bestimmt. Diese sogenannte Peltierwärme ist direkt mit der Reaktionsentropie der Halbzellenreaktion inklusive aller, auch ladungsneutraler Nebenprozesse verknüpft und liefert so zum Zellstrom komplementäre Informationen. Ziele des Projektes waren Wärmemessungen während der ersten Stufen der elektrochemischen Ag‐ und Cu ‐Abscheidung auf Au(111). Aus der bestimmten Peltierwärme sollten die Nebenprozesse identifiziert werden und nach Möglichkeit quantitative Aussagen über die potentialabhängigen Metall‐ und Anionenkonzentrationen getroffen werden. Zu leistende Projektschritte waren hierzu i) der Aufbau eines Kalorimeters, das Verfälschung der Messung durch Elektrostriktion vermeidet, wodurch wohlgeordnete Au(111) Filme als Substrate verwendet werden konnten. ii) Die Simulation der Temperatur‐ und Konzentrations‐Zeit‐Verläufe und die Messung irreversibler Beiträge zur gemessenen Wärme um die quantitative Auswertung der Daten zu ermöglichen. iii) Die detaillierte Untersuchung der Ag‐ und Cu‐Unterpotentialabscheidung (UPD) auf Au(111). Die Ergebnisse sind: Mit dem, im Rahmen des Projektes aufgebauten, verbesserten Kalorimeters können nun wohlgeordnete Au(111) Oberflächen untersucht werden. Die Empfindlichkeit konnte im Vergleich zum alten Aufbau um ca. eine Größenordnung gesteigert werden. Dies ist ausreichend, um die bei der Umladung der Doppelschicht um wenige 10 mV entstehende Wärme zu bestimmen. Die Wärmeentwicklung, die bei hohem Überpotential in verdünnten Ag+‐Lösungen (Konzentrationsüberpotential) oder bei der Abscheidung aus Silberkomplexen (Reaktionsüberpotential) gemessen wurde, konnte mit Hilfe von Simulationen des Temperaturverlaufes und der zeitabhängigen Konzentrationsprofile quantitativ erklärt werden. Aus dem Temperaturverlauf bestimmten wir den zeitlichen Verlauf des Wärmestromes und verglichen ihn mit dem Zellstromverlauf. Wir führten quantitative Messungen zur Ag‐UPD und Cu UPD auf Au(111) in Gegenwart verschiedener Anionen durch. Durch Vergleich von Reaktionsentropie und Ladungsbilanz rekonstruierten wir potentialabhängig die Oberflächenkonzentrationen der beteiligten Spezies. Überraschend fanden wir für beide Metallsysteme im Verlauf der Komplettierung der ersten Metalllage einen ladungsneutralen Nebenprozess mit hoher Entropieproduktion, den wir als Substitutionsreaktion von adsorbierten Anionen durch Sauerstoff‐Spezies interpretieren. In konventionellen elektrochemischen Messungen des Strom-Potentialverlaufs ist dieser Prozess nicht sichtbar.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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"Microcalorimetric determination of heat changes caused by overpotential upon electrochemi‐ cal Ag bulk deposition", Electrochim. Acta 112, 801‐812 (2013)
K. R. Bickel, K. D. Etzel, V. Halka, and R. Schuster
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"An improved sensor for electrochemical microcalorimetry, based on lithiumtantalate", Rev. Sci. Instr. 86, 064102 (2015)
S. Frittmann, V. Halka, C. Jaramillo, and R. Schuster
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"Surface Microcalorimetry", in Surface and Interface Science, Gas‐Solid Interface I, Vol. 5, K. Wandelt (Ed.), (2015)
J. M. Gottfried and R. Schuster
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"Identification of Non‐Faradaic Processes by Measurement of the Electrochemical Peltier Heat during the Silver Underpotential Deposition on Au(111)", Angew. Chem. Int. Ed. 53, 4688‐4691 (2016)
S. Frittmann, V. Halka, and R. Schuster