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Ein Rahmen für die Wirtschaftsethik: Methodische Grundlagen und Regeln

Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 202274614
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Wirtschaftliches Handeln ist zunehmend Gegenstand moralischer Urteile. Die Höhe von Managergehältern oder das Agieren von Hedgefonds werden als moralisch (in)akzeptabel beurteilt, Unternehmen bzw. Führungskräften von Unternehmen werden besondere Verantwortlichkeiten zugeschrieben. Im Projekt wurde die auf Rawls und Goodman zurückgehende Methode des Überlegungsgleichgewichts für die wirtschafts- und unternehmensethische Überlegung nutzbar gemacht. Wer ein rationales Überlegungsgleichgewicht herstellt, weiß, welche Urteile von welchen allgemeinen Normen gestützt werden, welche deskriptiven Annahmen in dieses System mit eingehen und welche Ziele sich unter der Annahme der Befolgung der entsprechenden Normen realisieren lassen. Mit diesem Verfahren lassen sich keine unbedingten Handlungsempfehlungen und keine unhinterfragbaren Lösungen moralischer Fragen anbieten. Stattdessen stellt die Methode ein differenziertes Instrumentarium zur Analyse normativ relevanter Problemlagen mit dem Ziel hypothetischer Empfehlungen bereit. Allgemeine Normen (synonym: Regeln) sind bedingte Handlungsanleitungen, die die-und-die Handlungen unter den-und-den Umständen den-und-den Agenten gebieten/verbieten/erlauben. Diese Situationsübergreifenden Handlungsregulierungen scheinen mit dem Handlungsmodell der Wirtschaftswissenschaften, dem Homo oeconomicus, nicht vereinbar. Zahlreiche Handlungsexperimente zeigen, dass Menschen - im Gegensatz zum Homo-oeconomicus-Modell - (jedenfalls auch) regelorientiert handeln und davon langfristig profitieren können. Die Integration regelorientierten Handelns in wirtschaftsethische Überlegungen durch die Herstellung von Überlegungsgleichgewichten steht somit ökonomischen Überlegungen nicht von vornherein entgegen. Die Frage nach der Verantwortung von Unternehmen bzw. Führungskräften führt auf die Frage nach bestehenden Pflichten. Zu unterscheiden sind rechtliche und moralische Pflichten. Eine rechtliche Pflicht besteht, wenn es in einer Gemeinschaft eine entsprechende gültige, d.h. korrekt gesetzte, rechtliche Norm gibt. Beim Bestehen einer moralischen Pflicht ist zu unterscheiden zwischen dem faktischen Bestehen einer Pflicht in einer Gemeinschaft und dem Bestehen relativ zu einer favorisierten allgemeinen Norm bzw. einem Normsystem. Im ersten Fall ist die entsprechende Regel in der Gemeinschaft in Kraft, d.h. sie wird von den meisten Mitgliedern befolgt und von einer entsprechenden Kommentierungspraxis begleitet. Viele der erhobenen moralischen Forderungen sind Äußerungen, die sich nicht auf faktische bestehende Pflichten beziehen, sondern sich auf von den Urhebern der Äußerung favorisierte Normen stützen. Faktisch bestehende Pflichten sind Rahmenbedingungen, die Unternehmen in ihrem langfristigen, ökonomischen, Interesse berücksichtigen sollten. Pflichten relativ zu favorisierten Normen können sowohl von Unternehmensvertretern als auch - in einer erweiterten wirtschaftsethischen Perspektive - vom Gesetzgeber zum Gegenstand von Überlegungen im Sinne der Herstellung eines Überlegungsgleichgewichts gemacht werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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