Genetische Defekte der der T-Zell-Rezeptor-Signaltransduktion bei Kindern mit EBV-assoziierten lymphoproliferativen Erkrankungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Ziel des Projektes war die Identifikation neuer genetischer Ursachen für mit dem Epstein-Barr-Virus assoziierte lymphoproliferative Erkrankungen bei Kindern. Wir sequenzierten hierzu das gesamte Exom, d.h. die gesamte Protein-kodierende DNA, von elf betroffenen Kindern aus zehn Familien. In drei dieser Familien wurden darüber hinaus insgesamt elf gesunde Familienangehörige mitsequenziert. Aufgrund der Herkunft und des Stammbaums der einzelnen Familien gingen wir vom Vorliegen verschiedener autosomal-rezessiv vererbter Gendefekte aus. Bei der Analyse der Sequenzdaten wurde daher in den einzelnen Familien primär nach Veränderungen gesucht, die bei den Betroffenen homozygot oder compound heterozygot und bei gesunden heterozygot oder gar nicht vorlagen. Die gefundenen Veränderungen wurden per konventioneller Sequenzierung validiert und auf eine mit der Erkrankung kompatible Segregation allen zur Verfügung stehenden Familienmitgliedern untersucht. Mögliche Kandidatengene wurden anschließend funktionell untersucht. In drei Familien mit insgesamt sechs Betroffenen fanden wir unbekannte homozygote (C53Y) oder compound heterozygote (W8X und R107C) Mutationen in CD27, deren funktionelle Relevanz durch die fehlende CD27-Expression auf den B-Zellen der Patienten belegt werden konnte. Relativ zeitgleich wurde ein CD27-Defekt in zwei Kindern mit persistierender EBV-Infektion und Hypogammaglobulinämie von van Montfrans et al. erstbeschrieben. Unsere Ergebnisse konnten die Relevanz eines funktionellen CD27-Moleküls für eine effiziente Immunantwort gegenüber EBV bestätigen und das klinische Spektrum der Erkrankung erweitern. Bei einer Patientin konnten wir eine bisher unbekannte homozygote Mutation in UNC13D (R414C) nachweisen. Mutationen in UNC13D sind als Auslöser der Familiären Hämophagozytierenden Lymphohistiozytose Typ3 bekannt. R414C scheint eine sowohl hinsichtlich des Manifestationsalters als auch der klinischen Präsentation atypische Form der Erkrankung auszulösen. In einer konsanguinen Familie mit zwei betroffenen Kindern konnten wir als einzige potentiell krankheitsauslösende Veränderung eine unbekannte homozygote Mutation (T212M) im Fanconi-Anämie-assoziierten Protein 24 (FAAP24) nachweisen. FAAP24 spielt eine zentrale Rolle bei der DNA- Reparatur, indem es in Interaktion mit FANCM den Fanconi-Anämie-Kernkomplex an die geschädigte DNA rekrutiert und – auch unabhängig vom FA-Kernkomplex – den ATR-Signalweg aktiviert. Sowohl in Zelllinien, in denen FAAP24 künstlich ausgeschaltet wurde, als auch in einer mutierten Patienten-T-Zelllinie sahen wir eine verminderte Aktivierbarkeit von ATR-abhängigen Kontrollpunktproteinen nach DNA-Schädigung, was auf eine funktionelle Relevanz der T212M-Mutation hinweist. Auch bei anderen erblichen DNA-Reparaturdefekten (Ataxia telangiektasia, Nijmegen Breakage-Syndrom, Bloom-Syndrom) wird eine hohe Rate an chronischen EBV-Infektionen oder eine eingeschränkte Immunantwort auf EBV beobachtet. Wir halten FAAP24 daher für einen plausiblen funktionellen Kandidaten für die Erkrankung in der Familie und haben weitere funktionelle Analysen geplant. In fünf Patienten bzw. Familien ist die Datenanalyse noch nicht abgeschlossen. Insgesamt erwies sich die Methode der Exomsequenzierung als zielführend. Wir konnten trotz kleiner Familiengrößen mit wenigen betroffenen Patienten neue bzw. vor Projektstart unbekannte Gendefekte identifizieren (CD27, vermutlich FAAP24). Zudem lassen sich atypische Verlaufsformen bekannter Immundefekte identifizieren (UNC13D), die man klinisch nicht in Betracht gezogen und daher nicht durch gezielte Sequenzierung des entsprechenden Gens diagnostiziert hätte.