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Rechnerbasierte Modellierung, Sensitivitätsanalyse und Parameterschätzung für heterogene Zellpopulationen

Fachliche Zuordnung Automatisierungstechnik, Mechatronik, Regelungssysteme, Intelligente Technische Systeme, Robotik
Förderung Förderung von 2012 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 198961538
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Projektes war die Entwicklung neuer rechnerbasierter Methoden zur Modellierung und Analyse von großen Populationen strukturell identischer Systeme mit heterogenen Parametern und Populationsdynamik. Solche Populationen treten in biologischen Systemen auf, beispielsweise im Gewebe höherer Organismen, oder in Kolonien von Mikroorganismen. In diesen Fällen sind Zellen desselben Zelltyps strukturell ähnlich, können aber beispielsweise wegen Unterschieden in Proteinmengen oder Genaktivitäten dennoch unterschiedliches Verhalten zeigen. In mathematischen Modellen können diese Unterschiede durch Variationen in den Parameterwerten für einzelne Zellen abgebildet werden. Hierbei werden Populationen durch eine Zustandsdichtefunktion beschrieben werden, die aufgrund der Einzelzelldynamik sowie durch Populationseffekte wie Zellteilung und Zelltod zeitlich veränderlich wird. Wenn mehrere Eigenschaften einer einzelnen Zelle wie z.B. Zellgröße und die Menge verschiedener in der Zelle vorhandener Moleküle gemeinsam betrachtet werden, erhält man dabei partielle Differentialgleichungen mit entsprechend vielen unabhängigen Variablen. Ein Fokus des Projekts lag auf der Entwicklung neuer Simulationsmethoden, die insbesondere für solche hochdimensionalen Modelle rechnerisch effizient verwendet werden können. Wir haben zwei Ansätze: erstens eine agentenbasierte Simulationsmethode, bei der repräsentativ eine zufällige Auswahl an Zellen aus der Population bzgl. ihrer Einzelzelldynamik simuliert werden, und zweitens eine hybride Methode basierend auf einer Aufspaltung der Variablen, wobei ein Teil mittels des Charakteristikenverfahrens, ein anderer Teil mittels einer Gitterdiskretisierung gelöst wird. Da wir Systeme betrachtet haben, bei denen die Zellen nicht über einen Austausch mit dem Medium gekoppelt sind, lassen sich diese Simulationen sehr effizient auch parallel durchführen. Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts lag auf der Entwicklung von Zustands- und Parameterschatzmethoden fur Zellpopulationen. Man geht dabei davon aus, dass nur ein Teil der modellrelevanten Einzelzellwerte gemessen werden kann. Zudem liegen oft nur sogenannte Schnappschuss-Daten vor, bei denen einzelne Zellen nicht von einem Messzeitpunkt zum nächsten verfolgt werden können. Ein wichtiges Ergebnis des Projekts zu diesem Problem war die Charakterisierung der Beobachtbarkeit der Zellpopulation. Ein Modell ist beobachtbar, wenn sich aus den gemessenen Werten über die Zeit der vollständige Zustand des Modells rekonstruieren lässt. Für heterogene Zellpopulationen haben wir im Projekt eine Beobachtbarkeitsbedingung gefunden, die garantiert, dass das Populationsmodell beobachtbar ist, wenn auch das zugrundeliegende Einzelzellmodell beobachtbar ist und außerdem alle außer einer Variablen gemessen werden. In der Praxis ist diese Bedingung leider recht einschränkend, so dass man in weiteren Arbeiten vermutlich Abstriche beim Detailgrad der Rekonstruktionsergebnisse oder weitere Einschränkungen bei der Modellstruktur machen muss. Dennoch haben wir auch computergestützte Rekonstruktionsmethoden entwickelt, die den für diesen Problem im Projekt entdeckten Zusammenhang zur Computertomographie ausnutzen. Im Vergleich zu von uns zuvor entwickelten, eher intuitiven Rekonstruktionsverfahren ergab sich mit diesen Methoden eine höhere Genauigkeit der Rekonstruktion des Populationszustands.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2014). An inverse problem of tomographic type in population dynamics (pp. 1643–1648). Proc. of the 53rd IEEE Conference on Decision and Control (CDC), Los Angeles, USA
    Zeng, S., Waldherr, S., & Allgöwer, F.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/CDC.2014.7039635)
  • (2014). Identifiability of population models via a measure theoretical approach (pp. 1717–1722). Proc. of the 19th World Congress of the International Federation of Automatic Control (IFAC), Cape Town, South Africa
    Waldherr, S., Zeng, S., & Allgöwer, F.
  • (2015). A numerical evaluation of state reconstruction methods for heterogeneous cell populations (pp. 2931–2936). Proc. of the European Control Conference, Linz, Austria
    Waldherr, S., Frysch, R., Pfeiffer, T., Jakuszeit, T., Zeng, S., & Rose, G.
  • (2015). An individual-based simulation framework for dynamic, heterogeneous cell populations during extrinsic stimulations. J. Coupled Syst. Multiscale Dyn., 3, 122–134
    Imig, D., Pollak, N., Strecker, T., Scheurich, P., Allgöwer, F., & Waldherr, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1166/jcsmd.2015.1072)
  • (2015). Cell Population Dynamics during Apoptotic Stimulation via Mathematical Modeling. Proc. of the 5th Conference on Foundations of Systems Biology in Engineering (FOSBE), Boston, USA
    Imig, D., Richter, F., Halter, W., Pollak, N., Allgöwer, F., Waldherr, S.
  • (2016). Ensemble Observability of Dynamical Systems. PhD thesis, University of Stuttgart
    Zeng, S.
  • (2016). Ensemble Observability of Linear Systems. IEEE Transactions on Automatic Control, 61(6), 1452–1465
    Zeng, S., Waldherr, S., Ebenbauer, C., & Allgöwer, F.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/TAC.2015.2463631)
  • (2016). Extraction of Physiological State Functions in Heterogeneous Cell Population Models (Vol. 49, pp. 258–263). Proc. of the 6th IFAC Symposium on Foundations of Systems Biology in Engineering, Magdeburg
    Hussain, M., & Waldherr, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.ifacol.2016.12.135)
  • (2016). Hybrid Simulation of Heterogeneous Cell Populations. IEEE Life Sciences Letters, 2(2), 9–12
    Waldherr, S., Trennt, P., & Hussain, M.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/LLS.2016.2615089)
 
 

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