Coding and decoding of decision signals for primate hand grasping
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der Gebrauch der Hand spielt eine zentrale Rolle im menschlichen Verhalten. Für die kortikale Steuerung von Greifbewegungen sind spezialisierte Hirnareale im prämotorischen (Areal F5) und parietalen Kortex (anteriores intraparietales Areal, AIP) von zentraler Bedeutung. Zur Planung und Ausführung von Greifbewegungen sind dabei nicht nur sensorische Informationen wichtig, sondern auch Entscheidungen darüber, ob und wie wir etwas greifen wollen. In diesem Projekt wurde mit Hilfe von Greifbewegungen von nichtmenschlichen Primaten (Rhesus-Makaken) untersucht, wie Entscheidungen in den kortikalen Arealen AIP und F5 kodiert werden und wie gut diese ausgelesen werden können. Letzteres ist insbesondere zur Entwicklung von Neuroprothesen für künstliche Hände von großem Interesse. Hierzu wurden Rhesusaffen trainiert eine Greifaufgabe zu lösen, bei der sie entweder zwischen zwei möglichen Greif-Antworten (Kraftgriff oder Präzisionsgriff) frei entscheiden konnten oder einer der beiden Grifftypen mit Hilfe von visuellen Stimuli instruiert wurde. Anschließend wurden feinste Ableitelektroden (128) fest in die beiden Hirnareale AIP und F5 implantiert und neuronale Einzelzell-Aktivitäten und lokale Feldpotentiale (LFP) während der Ausführung der Verhaltensaufgabe aus beiden Hirnarealen gleichzeitig abgeleitet. Alle Ergebnisse wurden auch mit einem zweiten Tier verifiziert. Der Großteil der Nervenzellen (Einzelzell-Aktivitäten) in AIP und F5 zeigte während der Verhaltensaufgabe Unterschiede in ihrer Feuerrate, die vom Grifftyp (Kraft- oder Präzisionsgriff) abhing. Diese grifftyp-spezifische Selektivität war für die instruierte Greifaufgabe und die mit freier Auswahl hauptsächlich zu Beginn der Verhaltensaufgabe unterschiedlich. In der Auswahlaufgabe war die Kodierung des Grifftyps im Vergleich zur instruierten Aufgabe deutlich verzögert, was auf unterschiedliche kortikale Prozessierungen schließen lässt. Eine Vorhersage (Dekodierung) der intendierten Handlung (Kraft- oder Präzisionsgriff) aus der Populationsaktivität eines einzelnen Versuchsdurchganges war dennoch aus beiden Arealen gut möglich und konnte auch im zeitlichen Verlauf der Handlungsplanung getätigt werden. Handlungsentscheidungen waren somit deutlich vor deren Ausführung vorhersagbar und auch Planungsänderungen waren in der neuronalen Population sofort, d.h. noch vor deren Ausführung, erkennbar. In AIP und F5 fand sich auch eine Repräsentation des zu erwartenden Gewinns der Handlung. Hierzu wurde die Größe der Belohnung für einen Kraft- oder Präzisionsgriff systematisch variiert (klein, mittel oder hoch) und diese dem Tier zu Beginn der Aufgabe angezeigt. Neurone in AIP und F5 kodierten den zu erwartenden Gewinn insbesondere zu Beginn der Planungsphase, d.h. genau zum Zeitpunkt der Handlungsauswahl. LFP-Signale zeigten hingegen weniger grifftyp-spezifische als aufgaben-spezifische Unterschiede (instruiert vs. freie Auswahl). Außerdem fanden sich signifikante Unterschiede in der effektiven Konnektivität zwischen AIP und F5, was auf eine unterschiedliche Informationsverarbeitung innerhalb und zwischen diesen Arealen hindeutet. Weitere Netzwerkanalysen mit Einzelzell-Populationsaktivitäten kamen zu ähnlichen Schlüssen. AIP und F5 nehmen somit eine wichtige Schlüsselstellung für die Auswahl von Greifbewegungen ein, bei der mögliche Handlungsoptionen mit dem entsprechenden Handlungsgewinn (Belohnung) verknüpft werden, um eine optimale Handlung auszuwählen. Ein besseres Verständnis dieser Auswahlsignale ist auch für die Entwicklung von Neuroprothesen von großem Interesse.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2015): Visual Guidance in Control of Grasping. Annual Review of Neuroscience: 38:69-86
Janssen P, Scherberger H
(Siehe online unter https://doi.org/10.1146/annurev-neuro-071714-034028) - Predicting Reaction Time from the Neural State Space of the Premotor and Parietal Grasping Network. The Journal of Neuroscience, 12 August 2015, 35 (32) 11415-11432
Micheals JA, Dann B, Intveld RW, Scherberger H
(Siehe online unter https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.1714-15.2015)