Kontinuierliche versus diskrete Modellierung des Rekognitions- und Quellengedächtnisses
Final Report Abstract
In einer aktuellen Kontroverse in hochrangigen Publikationsorganen streitet man über die Angemessenheit verschiedener Messmodelle für die Prozesse des Rekognitions- und Quellengedächtnisses. Vertreter von Modellen mit kontinuierlicher Gedächtnisstärke wie der (bivariaten) Signalentdeckungstheorie drängten darauf, dass Modelle mit diskreten Gedächtniszuständen wie das Zweihochschwellenmodell überholt und empirisch widerlegt seien. Das hiermit abgeschlossene Projekt KoDiMo konnte jedoch belegen, dass (a) die angeführten Argumente methodisch fehlerhaft sind und (b) adäquate empirische Prüfungen einen vergleichbaren oder gar höheren Erfolg diskreter Modelle liefern. Die erste von drei beantragten Experimentalserien hat gezeigt, dass die Kongruenz beider Modellklassen auf aggregierter Ebene durch Probanden zu erklären ist, die besser durch kontinuierliche oder besser durch diskrete Modelle beschrieben werden. Indem die Verteilungsform der in der Signalentdeckungstheorie postulierten Zufallsvariablen mit Hilfe der Tukey-Lambda-Verteilung approximiert wurde, konnten Probanden als Verwender Gauß’scher Verteilungen, Verwender rechteckiger Verteilungen oder Verwender umgekehrt U-förmiger Verteilungen eingestuft werden. In der zweiten Experimentalserie wurde ein für Konfidenzskalen erweitertes Zweihochschwellenmodell erfolgreich konstruktvalidiert. Die Stärke der Benennung der Skalenpole beeinflusste lediglich die Abbildungsparameter nicht aber die Kernparameter des ursprünglichen Modells. In der dritten Experimentalserie konnte gezeigt werden, dass Quellendiskrimination für nicht rekognizierte Items – die bisher größte Herausforderung diskreter Modelle des Quellengedächtnisses – ein prozedurales Artefakt ist und keine Gefahr für das Zweihochschwellenmodell darstellt. Zwei zusätzliche Experimentalserien, die sich im Laufe des Projekts als geeignete Anschlussfragestellungen ergeben hatten, ergänzten die Befunde. In der vierten Experimentalserie wurden implizierte Basisraten als ungeeignet für die Manipulation von Antworttendenzen in Gedächtnisaufgaben ausgemacht, sodass diese Art von Daten keine überzeugende Evidenz für oder gegen ein Modell liefern kann. Die fünfte Experimentalserie zeigte mit Hilfe einer visuellen Wahrnehmungsaufgabe, dass auch die Forschung in diesem Bereich noch keine klare Entscheidung für eine der Modellklassen ermöglicht hat.
Publications
- (2013). Validating a two-highthreshold measurement model for confidence rating data in recognition. Memory, 21, 916–944
Bröder, A., Kellen, D., Schütz, J. & Rohrmeier, C.
- (2016). No source memory for unrecognized items when implicit feedback is avoided. Memory & Cognition, 44, 63–72
Malejka, S. & Bröder, A.
(See online at https://doi.org/10.3758/s13421-015-0549-8) - On a problematic procedure to manipulate response biases in recognition experiments: the case of “implied” base rates. Memory, Volume 25, 2017 - Issue 6, 736-743
Bröder, A. & Malejka, S.
(See online at https://doi.org/10.1080/09658211.2016.1214735)