Entwicklung einer gekoppelten fluid- und strukturmechanischen Simulationsmethode für den Rührreibschweißprozess und experimentelle Validierung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel dieses Forschungsvorhabens war die Entwicklung einer gekoppelten fluid- und strukturmechanischen Simulationsmethode zur Darstellung des Rührreibschweißprozesses, mit welcher die fluid- und strukturmechanischen Prozessphänomene beschrieben und untersucht werden können. Hierauf aufbauend ließen sich einerseits die auf die Anlagentechnik wirkenden Prozesskräfte sowie andererseits die Eigenschaften der Schweißnaht wie etwa geometrische Ausbildung und Mikrostrukturevolution vorhersagen. Für die Umsetzung des Simulationswerkzeuges wurden Modelle zur Beschreibung des Werkzeugverhaltens wie auch der reibungs- und verformungsinduzierten Wärmeenergie benötigt, die anhand von Warmzugversuchen und prozessnahen Reibversuchen mittels Hohlzylindern entwickelt wurden. Bei der Durchführung der Versuchsserien wurde dabei die hoch nicht-lineare, interagierende Physik von Werkstoff- und Reibverhalten und damit Prozess deutlich, die in erheblich vergrößerten Versuchsumfängen mündete. Die hierbei durchgeführten Versuche selbst stellen die Werkstoff- und Reibcharakterisierung mit dem derzeit größten Untersuchungs- und Modellbereich, speziell im Hinblick auf Rührreibschweißen, dar. Auf Basis der durchgeführten Versuche erwies sich das teilempirische visko-elasto-plastische Johnson- Cook-Werkstoffmodell zur Abbildung des komplexen Materialverhaltens während des Rührreibschweißprozesses am geeignetsten, darüber hinaus konnte mit Hilfe eines werkstoffmechanisch basierten Ansatzes auch das Verhalten am Reibkontakt direkt abgebildet werden, ohne dabei weitere Parameter einzuführen oder Modellannahmen treffen zu müssen. Hierfür erfährt der Reibansatz nach Shaw eine Erweiterung durch die Integration des Werkstoffmodells, wodurch gleichzeitig Einflüsse aus Dehnung, Dehnrate und Temperatur mit berücksichtigt werden. Damit wird es möglich, die Scherspannung am Reibkontakt zwischen Werkzeug und Werkstück über ein Kräftegleichgewicht wiederzugeben. Bei der Umsetzung des numerischen Prozessmodells zeigte sich eine sogenannte starke Kopplung von struktur- und fluidmechanischer Simulation aufgrund numerischer Instabilitäten als zielführend. Hierdurch können Nichtlinearitäten aus Kontakt, Reibung und Werkstoffverhalten im gleichen Simulationsschritt behandelt werden, wodurch die Simulation gegenüber einer schwachen Kopplung erheblich an Stabilität gewinnt. Zur Umsetzung der starken Kopplung kamen ein gekoppelter Euler-Lagrange-Ansatz nach Noh und die Volume-of-Fluid-Methode teilweise gefüllter Zellen zum Einsatz. Durch diese Umsetzung und dem sehr hohen Detailierungsgrad wurde es mit dem vorgestellten Modell möglich, das Verschweißen zweier Werkstücke unter Verwendung einer realen Werkzeuggeometrie zu simulieren. Darüber hinaus war es mit Hilfe des Modells möglich, die Formierung von Schweißfehlern wie Schlauchporen (Hohlräume) oder den Grataufwurf bei zu tiefem Eintauchen des Werkzeugs abzubilden. Dies stellte gegenüber den bisherigen numerischen Abbildungen einen erheblichen Fortschritt dar. Auch die anhand des Modells ermittelten Verläufe der einzelnen Prozesskraftgrößen konnten mit guter bis sehr guter Übereinstimmung erreicht werden. Dieses Ergebnis verstärkt sich insbesondere unter dem Aspekt, dass im Gegensatz zum üblichen Vorgehen weder eine Kalibrierung anhand des Anwendungsfalls noch anhand des Prozesses vorgenommen wurde. Aus der mechanischen Prozesswirkung resultieren Temperaturfelder und Materialströmungen des Prozesses. Erstere wurden anhand von Thermografieaufnahmen und Messungen mit eingebrachten Thermoelementen, letztere anhand von in die Schweißung eingebrachten Kupferpartikeln und Schliffbildern validiert. Die Darstellung des Materialtransports in der Simulation kann wahlweise über Geschwindigkeitsvektoren oder Tracerpartikel erfolgen. Die Ergebnisse wurden dabei z.B. computertomografischen Aufnahmen der Kupfermarkern im Experiment validiert, wobei sich eine gute Vergleichbarkeit beider Methoden sowie eine gute Übereinstimmung mit dem Experiment ergaben. Aus der Darstellung von Temperaturfeldern und Materialtransport war die Abbildung der geometrischen und mikrostrukturellen Ausbildung von Rühr- und thermomechanisch beeinflusster Zone möglich. Nach der Simulation kann deren Darstellung über die dynamische Viskosität und/oder die plastischer Vergleichsdehnung erfolgen, wobei in beiden Fällen eine sehr gute Übereinstimmung erzielt werden konnte. Auf Grund des aktuellen Interesses am Rührreibschweißprozess erfolgte eine umfangreiche Verwertung der im Rahmen des Forschungsvorhabens erzielten Ergebnisse. Die Ziele des Vorhabens wurden erreicht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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A new approach to modelling friction stir welding using the CEL method. Advanced Manufacturing Engineering and Technologies NEWTECH 2013 Stockholm, Schweden, Seiten 179–190, 2013
Hossfeld, M. und E. Roos
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Modelling friction stir welding: evolution of microstructure and weld geometry of aluminium alloy EN AW 6061. Proceedings of the 39th MPA-Seminar, Stuttgart, 2013
Hossfeld, M.
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Verfahren zum Stumpfverschweißen und Rührreibschweißwerkzeug / Butt-welding method and friction-stir welding tool. Europa WO2015036562 A1 / PCT/EP2014/069539
Martin Werz, Max Hossfeld, Oliver Volz
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A fully coupled thermomechanical 3D model for all phases of friction stir welding, 11th International Symposium on FSW, 2016
Hossfeld, M.