Reduktion von Phasensingularitäten zur Vermeidung von Unwrapping-Problemen bei der Auswertung von Speckle-Shearing-Interferogrammen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Speckle-Shearing-lnterferometrie ist ein etabliertes Verfahren zur Deformationsmessung rauher Objekte. Die dabei auftretenden Phasensingularitäten erschweren allerdings das Kontinuieren der erhaltenen Rohphase, so daß ein wichtiger Auswerteschritt nicht oder nur unter großem Aufwand durchgeführt werden kann. Es war deshalb das Ziel des Projekts, die Zahl der Phasen Singularitäten im Fall der Speckle-Shearing-lnterferometrie mit Hilfe von physikalischen Maßnahmen deutlich zu reduzieren; im besten Falle könnten die Singularitäten sogar ganz zum Verschwinden gebracht werden. Die Phasenkontinuierung sollte dann mit Hilfe von Standarmethoden erfolgen können. Die erwähnten physikalischen Maßnahmen bestanden in der Einführung einer geformten Lichtquelle, die eine inkohärente Mittelung verschiedener Intensitätsbilder erlaubt, was bekanntermaßen die Anzahl der Phasensingularitäten reduziert. Dabei ist die Form der Lichtquelle auf die Shearinggitter abgestimmt, so daß der Kontrast der Deformationsstreifen erhalten bleibt. Im Rahmen des Projektes wurde das vorgeschlagene Speckle-Shearing-Interferometer aufgebaut und mit der vorgeschlagenen geformten Lichtquelle versehen. Die Untersuchungen beschränkten sich dabei der Einfachheit halber auf den Shear in x-Richtung, also auf eine Dimension, wobei die Lichtquelle aus 9 Lichtpunkten bestand, die in gleichem Abstand voneinander mittels eines Damman-Gitters auf einer rotierenden Mattscheibe erzeugt wurden. Aus der Theorie der Specklefelder war bekannt, daß die Reduktion der Phasensingularitäten mit der Wurzel aus der Zahl der inkohärent überlagerten Intensitäten gehen sollte, d.h. mit der Anzahl der Lichtquellenpunkte. Anstatt des erwarteten Abfalls der Phasensingularitäten auf etwa 30% konnte allerdings nur eine Reduktion auf 80% gemessen werden. Da der erwartete Effekt überraschenderweise ausblieb, mußte ein anderer Mechanismus als bisher bekannt für die Reduktion der Phasensingularitäten im Shearing-Fall verantwortlich sein. Die Messung verschiedener Prüflinge mittels Zwei-Wellenlängen-Methode unter Anwendung von Standard-Algorithmen, wie ursprünglich vorgesehen, hatte sich als nicht durchführbar herausgestellt; die verbleibende Projektzeit wurde deshalb zur Aufklärung des unbekannten Mechanismus verwendet, um abschätzen zu können, in welchem Rahmen eine weitere Reduktion der Phasensingularitäten überhaupt möglich ist. Dazu wurden Simulationsstudien am Computer durchgeführt, die anschließend auch durch Messungen bestätigt werden konnten. Entscheidend für das Verständnis des Mechanismus war dabei die Darstellung der inkohärenten Mittelung von Intensitäten durch die (gewöhnliche) Addition gewisser Vektorfelder, die den Einzel in tensi täten der Lichtquellenpunkte zugeordnet werden. Auf diese Weise ließ sich die, zunächst abstrakte, inkohärente Mittelung anschaulich verstehen. Dabei stellte sich heraus, daß die Phasenstatistik ursächlich für das Verhalten der Singularitäten bei der inkohärenten Mittelung ist. Die Phasenstatistik im Fall der Speckle-Shearing-Interferometrie unterscheidet sich nämlich von der Statistik herkömmlicher Specklefelder; die Form der Statistik hängt dabei vom Verhältnis Specklekorngröße zu Shearabstand ab. Ist sie - wie bei herkömmlichen Specklefeldem - gleichverteilt über das Intervall ]-π, π], findet keine Reduktion der Singularitäten statt; weicht die Statistik systematisch von der Gleichverteilung ab, kommt es zu einer Reduktion; je stärker dabei die Abweichung von der Gleichverteilung, desto weniger Lichtquellenpunkte sind nötig, um die Phasensingularitäten zu reduzieren. Allerdings beeinflußt die inkohärente Mittelung nicht nur das Auftreten der Phasensingularitäten, sondern auch die in den Specklefeldern kodierte Nutzphase. In gleichem Maße, wie die Singularitäten durch Mittelung entfernt werden, wird die Nutzphase durch die inkohärente Addition zerstört. Mittelt man über genügend viele Lichtquellen, so daß die Phasensingularitäten sogar vollständig entfernt werden, ist die verbleibende Nutzphase meist gar nicht mehr auswertbar. Im Rahmen dieses Projektes konnte somit, unseres Wissens erstmalig, der Mechanismus für die Reduktion von Phasensingularitäien in der Speckle-Shearing-Interferometrie aufgeklärt werden. Die Reduktion der Phasensingularitäten ist dabei nur im Sinne eines Kompromisses möglich: Die Singularitäten dürfen nur soweit reduziert werden, daß dabei die Nutzphase nicht merklich beeinflußt wird. Im meßtechnisch interessanten Bereich bei kleinen Specklekomgrößen dürfte die dabei zu erzielende Reduktion im Bereich zwischen 70% und 80% liegen, je nach Genauigkeitsanforderungen an die zu messende Phase.