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Materialien und Objekte - Geschichte der Rhodopsinforschung zwischen Biowissenschaften, Chemie und Technologien (ca. 1880 - 1992)

Antragsteller Dr. Mathias Grote
Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 191680489
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Dieses Forschungsprojekt zur Geschichte der Forschung komplexen aktiven Stoffen wie biologischen Membranen und Proteinen von ca. 1970-1990 aktiver biologischer Stoffe, konnte das historische Bild der rezenten Lebenswissenschaften über die Genetik hinaus erweitern und insbesondere deren enge Verknüpfungen mit der Chemie als primärer Wissenschaft von Stofflichkeit und Reaktionen nachweisen - etwa mit Blick auf Biochemie, Kolloidchemie oder organische Chemie, aber (Neuro-)Physiologie und Bioenergetik. Durch die Analyse der Forschung an biologischen Membranen, neben dem genetischen Apparat sowie dem Metabolismus einem Grundprinzip zellulären Lebens, wurde somit ein Beitrag zur Überwindung einer Engführung der Geschichte und Philosophie der molekularen Biowissenschaften in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geliefert. Ferner wurde die Neukonzeptualisierung von Proteinen und Enzymen als „molekularen Maschinen“ (Kanäle, Schalter, Pumpen etc.) analysiert, und damit auch eine Erklärung für den Aufstieg „molekularer Mechanismen“ als eines umfassenden und gegenwärtig dominanten, materialistischen Erklärungsansatzes für Lebensphänomene wie auch einer biomedizinischen Interventionsstrategie an einem konkreten Fallbeispiel geboten. Der gewählte materialzentrierte Ansatz zur Erklärung des Aufstiegs dieses Modellobjektes, der „molekularen Pumpe“ Bakteriorhodopsin, sowie die Erhebung und Analyse von unveröffentlichten, vielfach erstmalig eingesehen Dokumenten wie auch eigens geführten Interviews mit wichtigen Biochemikern und Biophysikern (u.a. Hartmut Michel, Richard Henderson, Dieter Oesterhelt) erlaubte detaillierte Einsichten in die Entwicklung der Forschungspraxis (Instrumente, Methoden, Darstellungsverfahren) und damit verbunden eine Neuausrichtung der Forschung nach 1970 in der Bundesrepublik Deutschland (u.a. Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried), den Vereinigten Staaten (University of California at San Francisco) sowie dem Vereinigten Königreich (Laboratory of Molecular Biology, Cambridge). Nicht zuletzt erlaubte es der Blick auf Membranen und Proteine auch, die Geschichte zweier gegenwärtig sehr sichtbarer Forschungsfelder - der synthetischen Biologie sowie der Bio- und der Nanotechnologien - durch eine historische Analyse von Debatten, Erwartungen, Projekten und Laborpraxis zwischen 1970 und 1990 historisch differenziert und regional stratifiziert darzustellen. Damit konnte nicht nur ein wichtiger Teil der jüngsten Vergangenheit der molekularen Lebenswissenschaften historisiert sowie ihre Geographie und das Spektrum der Akteure erweitert werden, sondern es wurde auch eine Form der Wissenschaftsgeschichtsschreibung an der Schnittfläche zu Naturwissenschaften und Wissenschaftsphilosophie umgesetzt, welche nicht zuletzt über das in dem vorliegenden Projekt beispielhaft historisierte, gegenwärtig vielfältig diskutierte Querschnittsthema „active matter“ Ausgangpunkte für eine Erweiterung und Neujustierung der Geschichte der Lebenswissenschaften sowie der Chemie im 20. Jahrhundert bieten könnte.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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