Politische Organisationen in der Online-Welt. Folgen des Wandels politischer Kommunikation auf der Mesoebene
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der im Rahmen der Forschergruppe untersuchte Medienwandel ist kein naturgesetzliches Phänomen. Bedingungen, Bedeutungen und Folgen der Online-Kommunikation hängen davon ab, wie sie von Akteuren wahrgenommen werden und welche Reaktionen daraus erfolgen. Im Rahmen des Teilprojektes 5 waren Akteure in politischen Organisationen von Interesse, also Kommunikationsverantwortliche oder die Leiterinnen und Leiter. Mögliche Reaktionen sind einerseits die Veränderung von Kommunikationsangeboten (Inhalte auf Webseiten und Social Median Plattformen wie Facebook oder Twitter), aber auch von Prozessen und Strukturen innerhalb der Organisation. Die im Rahmen des Teilprojektes durchgeführten Inhaltsanalysen zeigen, dass von den untersuchten nationalen politischen Organisationen fast alle, von denen auf internationaler Ebene aber nur 80% mit einer Webseite im Netz vertreten sind. Bei den Social Media Plattformen zeigt sich auf nationaler wie auf internationaler Ebene eine Dominanz der drei großen Anbieter Facebook, Twitter und Youtube. Während Webseiten vor allem dafür genutzt werden, Informationen zu verbreiten und Ressourcen zu generieren, werden Social Media Plattformen für Interaktion und Dialog mit den Nutzerinnen und Nutzern eingesetzt. Bezogen auf Umfang und Stil der Inhalte sind es vor allem ältere und etablierte Organisationen, die ausdifferenzierte Kommunikationsangebote haben. Auf internationaler Ebene ist die Zugehörigkeit zu einem Land mit hohem Entwicklungsstandard ausschlaggebend. In Interviews und Fallstudien wurde dann gefragt, wie Online-Medien innerhalb der Organisationen verarbeitet werden. Dabei konnte die Annahme des organisationssoziologischen Neo-Institutionalismus, dass politische Organisationen nicht nur aufgrund rein rationaler Zweck-Mittel-Umwelt Kalkulationen agieren, gestützt werden. Häufig liegt der Einführung von Social Media Anwendungen keine klare Zieldefinition zugrunde, sondern nur ein vager wünschenswerter Zustand. Akteure in politischen Organisationen reagieren auch auf (wahrgenommene) Anforderungen der Organisationsumwelt. Strategisch oder rational zu nennende Motive werden dann zum Teil erst retrospektiv entwickelt, d. h. nachdem das entsprechende Medium bereits zur Kommunikation verwendet wurde. Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass bei der Nutzung von Online-Medien durch politische Organisationen zunehmend Signifikationscodes aus dem Bereich der Unternehmenskommunikation verwendet werden und damit auch eine ökonomische Logik Vorschub erhält. Online-Medien wirken hier als Beschleuniger und Kristallisationspunkt für organisationsinterne Friktionen. Dies liegt daran, dass die Planung und Erstellung von Online-Kommunikation noch nicht in dem Maße institutionalisiert ist, wie die Kommunikation über klassische Medien und durch die technischen Möglichkeiten sehr viel besser evaluiert werden kann („Likes“, Klicks in Echtzeit etc.). Auch wird die Rolle der Kommunikationsverantwortlichen wie auch der Leitung in politischen Organisation wichtiger, da diese über ihre „privaten“ Social Media Accounts ebenfalls organisationsbezogen kommunizieren. Dadurch können Mitteilungen nicht mehr treffsicher Personen oder Organisationen zugeordnet werden, und es entfällt ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen Organisationen und Netzwerken. Insgesamt zeigt sich, dass innerhalb der Struktur politischer Organisationen verschiedene Möglichkeiten existieren, auf den Medienwandel zu reagieren und Kommunikation zu organisieren. Während der Prozess des Organisierens relevant bleibt, führt die weitere Durchsetzung von Online-Medien zu einer Auflösung bisheriger Grenzen von Organisationen, die damit Netzwerken ähnlicher werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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