Wirkungen von Vermutungen über Wirkung und Nutzung. Ursachen und Konsequenzen der Wahrnehmung des politischen Einflusses und der politischen Nutzung von Online-Medien
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem Forschungsprojekt wurde erkundet, welche individuellen Vorstellungen über den politischen Einfluss und die politische Nutzung von Online-Medien vorherrschen. Zentrale Bedeutung hatte dabei die Frage, welche politisch relevanten Folgen diese Vorstellungen haben. Dazu wurden in zum Teil längerfristig angelegten Studien Bürger, Journalisten, Politiker und politische PR-Akteure befragt. Einige der Studien fokussierten spezifische Ereignisse oder beinhalteten einen internationalen Vergleich. Die Grundlage bildeten theoretische Ansätze der Kommunikationswissenschaft, die sich mit der Wahrnehmung von Medieninhalten, Mediennutzung und Medieneinflüssen befassen. Diese Ansätze wurden unter den Bedingungen der Online-Welt geprüft – verbunden mit Ziel, einen zentralen Baustein für eine empirisch basierte Theorie der Wahrnehmung von Online- Medien im politischen Kontext zu erarbeiten. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen u. a., dass Bürger, aber auch Politiker und Journalisten eine stärkere Kontrolle von Online-Medien fordern, wenn sie dort verbreiteten politischen Inhalten große Einflüsse auf andere Personen unterstellen. Die Wahrnehmungen haben zudem Auswirkungen auf die politische Partizipation: Bürger äußern ihre eigene Meinung häufiger im Internet, wenn sie Online-Medien einen großen Einfluss und eine hohe Reichweite zuschreiben. Ähnliches gilt für Kommunalpolitiker: sie intensivieren ihre politische Online-Kommunikation, wenn sie sich damit starke Wirkungen auf Journalisten erhoffen. Politische PR-Akteure orientieren sich dagegen bei ihren Aktivitäten auf Facebook und Twitter in einem hohen Maße an ihren Kollegen. In Konfliktsituationen kann die Wahrnehmung der politischen Tendenz von Medienberichterstattung und der Glaube an eine starke Wirkung dieser Berichterstattung beispielsweise dazu führen, dass das Vertrauen in Journalismus sinkt und der wahrgenommene Konfliktgehalt der jeweiligen Auseinandersetzungen steigt – darauf deuten Befragungen unter Pegida-Anhängern sowie eine in Deutschland und Griechenland zur Eurokrise durchgeführte Studie hin. Die Ergebnisse sind theoretisch relevant und gewinnbringend, da sie u. a. aufzeigen, wie verschiedene Wahrnehmungskonzepte miteinander verknüpft sind und welche Folgen sich aus den miteinander verknüpften Wahrnehmungen ergeben können. Die Ergebnisse des Projekts hielten einige Überraschungen bereit. Bemerkenswert ist z. B. der deskriptive Befund, dass der politische Einfluss von Online-Medien – auch im Vergleich zum wahrgenommenem Einfluss von Fernsehen und Zeitungen – als nicht übermäßig stark angesehen wird und Online-Medien insgesamt selten zur politischen Partizipation genutzt werden, auch wenn die regelmäßige massenmediale Thematisierung der politischen Online-Partizipation das Gegenteil vermuten lässt. Zudem ist es beachtenswert, dass sich politische PR-Akteure bei ihren Kommunikationsaktivitäten im Internet weniger an denjenigen orientieren, die sie beeinflussen wollen oder in deren Auftrag sie arbeiten. Vielmehr haben sie die eigenen Kollegen im Blick. Durchaus überraschend war zudem, dass auch Journalisten – also eine Schlüsselgruppe freier Meinungsbildung – umso stärker Beschränkungen des Einflusses von Online-Medien fordern, je stärkere politische Medieneinflüsse sie diesen auf die Bevölkerung unterstellen. Bedenklich ist schließlich, dass Medien in Konflikten offenbar auch deshalb keinen ausgleichenden Einfluss ausüben können, weil ihnen von Konfliktbeteiligten unterstellt wird, auf wirkungsvolle Weise zuungunsten der eigenen Position verzerrt zu berichten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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