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Selbstwahrnehmung, Selbstparlamentarisierung, Selbstauflösung: Die Volkskammer der DDR im Umbruch (Oktober 1989 bis Oktober 1990).
Antragsteller
Professor Dr. Andreas Wirsching
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 188958620
Die Volkskammer ist bislang in erster Linie von Politikwissenschaftlern im Hinblick auf ihre Funktion im politischen System der DDR untersucht worden. Das Forschungsvorhaben verfolgt hingegen einen komplexen zeit- und kulturhistorischen Ansatz: Es geht darum, den mit der Transformation der Volkskammer 1989/90 verbundenen Umbruch aus der Wahrnehmungsperspektive der Parlamentarier zu beleuchten. Dabei sollen Selbstwahrnehmung, Verhalten und Arbeitsweise der Abgeordneten während der entscheidenden Monate zwischen Oktober 1989 und Oktober 1990 analysiert und damit Erkenntnisse zu Selbstverständnis und Kultur des letzten DDR-Parlaments gewonnen werden. Die Selbstparlamentarisierung und institutionelle Abwicklung der Volkskammer musste von Abgeordneten vollzogen werden, die selbst über keine parlamentarische Erfahrung verfügten. Es ist zu vermuten, dass die Konfrontation idealer Vorstellungen von Parlamentarismus mit dem real existierenden Parlamentarismus westlicher Prägung eine sehr spezifische politische Praxis hervorbrachte. In Ergänzung zur Auswertung schriftlicher Aufzeichnungen soll eine ausgewählte Gruppe damaliger exponierter Funktionsträger und einfacher Abgeordneter über ihre parlamentarischen Erfahrungen unter den extremen Bedingungen der Zeitbeschleunigung und externer Interventionen befragt werden. Von ihren mündlichen Aussagen und schriftlichen Reflexionen erhofft sich das Forschungsprojekt Aufschluss über die Frage, wie der Transformationsprozess einer gelenkten sozialistischen Volksvertretung in ein demokratisch gewähltes Parlament mental und praktisch bewältigt wurde. Zudem sollen einzelne parlamentarische Auftritte der politischen Akteure in der Volkskammer anhand der Auswertung der lückenlos überlieferten Liveberichte der Fernsehanstalten analysiert werden, um die performative Seite der Parlamentskultur zu erfassen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Beteiligte Institution
Institute of Contemporary History (USD)