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Vom kollektiven Gedächtnisort zur nationalen Institution. Juden, Polen und die polnischen Streitkräfte, 1918-1939

Antragsteller Professor Dr. Dan Diner
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2010 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 188729285
 
Die Gründung der Streitkräfte der so genannten Zweiten Polnischen Republik nach dem Ersten Weltkrieg war ein integraler Teil des Konsolidierungsprozesses dieses jungen Staates. Die Armee Polens entstand unter dem Eindruck der Grenzkonflikte mit nahezu allen Nachbarstaaten. Als nationale Institution war sie tief in der Gedächtniskultur des 19. Jahrhunderts verwurzelt. Die enorme Bedeutung des Militärischen innerhalb der polnischen Gedächtniskultur führt zu der Frage, wie diese Vorstellungswelt nach 1918 auf die neuen Streitkräfte übertragen wurde. Das Forschungsvorhaben bewegt sich hierbei auf zwei Untersuchungsebenen. Es soll die Frage beantwortet werden, welchen Einfluss der hohe Stellenwert des Militärischen im kollektiven Gedächtnis auf die Gründung einer Armee des unabhängigen polnischen Staates ausübte. Hinzu kommt die Bedeutung der Streitkräfte innerhalb des staatlichen und gesellschaftlichen Gefüges sowie im Prozess der inneren Nationsbildung. Auf einer parallelen Ebene werden die Wechselbeziehungen zwischen dem Militär und der jüdischen Bevölkerung untersucht. Im Fokus stehen die Anerkennung der Juden als Soldaten und deren Verortung innerhalb der polnischen Militärtradition. Der Integrationswillen eines Teils der jüdischen Bevölkerung einerseits und die polnische Abwehrhaltung andererseits werden an der Behandlung der Juden innerhalb der Streitkräfte besonders deutlich. So war es zwar möglich, dass Juden in den Polnischen Legionen als gleichwertige Patrioten anerkannt wurden, doch warfen einige Ereignisse Schatten auf die polnisch jüdischen Beziehungen. Paradigmatisch für diese Erfahrung steht die Internierung jüdischer Wehrpflichtiger und Kriegsfreiwilliger in Jablonna während des Polnisch Sowjetischen Krieges 1920. Das Forschungsvorhaben soll vor diesem Hintergrund einen Beitrag zur Geschichte der polnisch jüdischen Beziehungen der Zwischenkriegszeit von einer militärhistorischen Warte aus leisten, wobei das Nachwirken der Gedächtnisorte des 19. Jahrhunderts im polnisch jüdischen Diskurs bei der Etablierung der Streitkräfte als nationale Institution im besonderen Fokus steht. Das Projekt wird als sozial- und kulturgeschichtliche Studie verstanden, die einen Beitrag zum Verständnis der Geschichte Polens im 20. Jahrhunderts leisten soll.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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