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Kann Mikroseismizität und Mikroakustik als Indikator für Spannungen und Struktur dienen?

Antragsteller Dr. Dirk Becker
Fachliche Zuordnung Physik des Erdkörpers
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 180982974
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die zugrunde liegende Fragestellung, ob Mikroseismizität als Indikator für Spannungen und Struktur dienen kann, lässt sich bejahen. So konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, die Grenze zwischen unterschiedlichen strukturellen Einheiten im Untertagebereich durch das Auftreten von akustischen Emissionen und die Variation des b-Wertes zu bestimmen. Da die Grenzen in den geologischen Modellen zwischen den einzelnen Aufschlüssen lediglich interpoliert sind, bietet eine solche Auswertung die Möglichkeit, Rückschlüsse auf das vorhandene Material und den Verlauf zu ziehen. Auch ist es oft möglich durch die zeitliche und räumliche Variation der b-Werte auf das Auftreten von unterschiedlichen Spannungsregimen zu schließen. Allerdings ist der Übergang oft fließend und ohne zusätzliche Informationen zu den möglichen Spannungsänderungen ist eine Unterscheidung von strukturellen und spannungsbedingten Ursachen der b-Wert-Variation meist nicht möglich. Auch liefert diese Methode natürlich nur Aussagen in Gebieten, aus denen Mikrorissaktivität aufgezeichnet werden kann. Die genauere Untersuchung von detektierten Makrorissen, auch unter der Verwendung von relativ relokalisierten AE-Ereignissen, erlaubt es, zwischen prä-existenten, langsam wachsenden Rissen, deren Wachstum und deren Ereignisrate von den zugrunde liegenden Spannungsänderungen gesteuert werden und solchen, die in einem intakten Gesteinsbereich in Form von plötzlich auftretenden Ereignissen wie Gebirgsschlägen ohne auflösbare raum-zeitliche Migration der AE-Ereignisse stattfinden, zu unterscheiden. Bereits existente Makrorisse sind in einem kritischen Spannungszustand, der schon auf kleine Spannungsänderungen mit Mikrorissaktivität an der augenblicklich aktiven Bruchfront reagiert, während die Mikrorissaktivität in ursprünglich intaktem Gestein sehr viel größere Spannungsänderungen erfordert. Die beobachteten Ereignisraten des ursprünglich intakten Gesteins wie auch des prä-existenten Makrorisses lassen sich zu Beginn der anthropogenen Belastung sehr gut mit Hilfe eines Coulomb-Spannungsansatzes und den aus einer elastischen 2-D-FE-Spannungsmodellierung ermittelten Spannungen erklären und eine Abweichung von den modellierten Ereignisraten deutet somit auf das Auftreten von nicht berücksichtigten Effekten, wie z.B. statischen Spannungsänderungen aufgrund von weiteren Bruchprozessen oder Kriechprozesse hin. Zusätzlich zu einer linearen Korrelation zwischen Coulomb-Spannungsrate und Ereignisrate, lassen sich die beobachteten Ereignisraten der akustischen Emissionen auch mit der 'rate-and-state'-Formulierung der Seismizitätsraten modellieren. Die auf diese Weise erhaltenen Vorhersagen der Ereignisrate aus den berechneten Spannungsraten bzw. der invertierten Spannungsraten aus den beobachteten Ereignisraten zeigen ebenfalls deutlich die Zeitpunkte an, zu denen Prozesse auftreten, die nicht mit Coulombspannungsänderungen in einem elastischen Medium erklärt werden können. Die auf der Skala von akustischen Emissionen im Salz beobachteten strukturell bedingten b-Wert-Variationen und unterschiedlichen Bruchprozesse finden auch im größeren Maßstab des Kohlebergbaus mit den ihn umgebenden Sandsteinschichten ihre Entsprechung. Dort werden im unmittelbaren Umfeld des aktiven Flözes sehr hohe b-Werte beobachtet, die zu der sofortigen Energiefreisetzung durch Ereignisse in wenig kompetenten Schichten gehören. Oberhalb und unterhalb des Abbaus zeigen die Ereignisse in der Magnituden-Häufigkeitsverteilung größere Magnituden sowie keine Gutenberg-Richter-Relation. Die Bruchvorgänge finden hier vermutlich in kompetenteren Schichten statt, wenn die Spannungen groß genug sind um ein Versagen der kompletten Mächtigkeit der vorher intakten Schicht zu realisieren. Zusätzlich wird auch die Aktivierung von Strukturen außerhalb des aktiven Abbaus beobachtet. Diese Ereignisse zeigen einen geringen b-Wert sowie ein raum-zeitliches Auftreten, das nicht im Gleichschritt mit dem Fortschreiten der Abbaufront ist. Die geringeren Spannungsänderungen, die außerhalb des Abbaus auftreten, deuten also auf ein Verhalten wie auf dem sich in einem kritischen Zustand bendlichen prä-existenten Makroriss im Salzbergwerk und somit die Reaktivierung von günstig orientierten, bekannten geologischen Störungen hin.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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