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SFB 937:  Kollektives Verhalten von weicher und biologischer Materie

Fachliche Zuordnung Physik
Biologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 178321814
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Lebende Systeme sind strukturell komplex, heterogen und per definitionem außerhalb des thermodynamischen Gleichgewichts. In der Physik der kondensierten Materie beschreibt man das komplexe Verhalten von Vielteilchensystemen sehr erfolgreich mit den Methoden der statistischen Physik. Die Stärke dieses Ansatzes liegt in der Fähigkeit, die kollektive Dynamik großer Systeme mit vielen wechselwirkenden Freiheitsgraden effektiv beschreiben zu können. In den letzten Jahren sind Nichtgleichgewichtssysteme der weichen kondensierten Materie, kurz "aktive Materie", insbesondere wie sie in der Biologie vorkommen, stark in den Fokus des Interesses gerückt. Ein prominentes Beispiel sind die Materialien, aus denen Zellen bestehen. Um zu verstehen, wie eine Zelle funktioniert oder wie ein Organismus sich entwickelt und seine Struktur aufrechterhält, ist eine statistische Beschreibung vonnöten, die aber über die traditionelle Gleichgewichtsphysik hinausgeht. Die schnelle Entwicklung experimenteller Techniken gibt uns heute einen nie dagewesenen Zugang zu physikalischen Eigenschaften von Molekülen, makromolekularen Aggregaten sowie Zellen und Geweben. Vor diesem Hintergrund ist es höchst zeitgemäß, Fragen zur aktiven weichen und biologischen Materialien zu stellen, die über das molekulare Organisationsniveau hinausgehen, und einen integralen experimentellen, numerischen und theoretischen Forschungsansatz zu verfolgen, der kollektive Nichtgleichgewichtsphänomene auf mikroskopischer über mesoskopische zu makroskopischer Skala zu verstehen sucht. Der Sonderforschungsbereich (SFB) 937 zielte auf ein quantitatives Verständnis der physikalischen Mechanismen, die dazu führen, dass sich weiche und biologische Materie in komplexe Strukturen selbst organisiert, die dann dynamische Funktionen ausführen können, wie etwa Zellteilung, Zellbewegung und Gewebeentwicklung. Mit diesem Ziel vor Augen haben wir untersucht, wie Moleküle und Zellen physikalisch interagieren, Kräfte ausüben, viskoelastisch reagieren, sich bewegen und sich in komplexe funktionelle Muster organisieren. Dies geschieht auf allen Längenskalen, von Polymeren, Lipidmembranen über Zellen bis hin zu Geweben. Hier kombinierten wir Physik, Chemie, Biologie und Medizin sowie Theorie, numerische Modelierung und Experiment und verfolgten die Strategie, auf der einen Seite einfache Modellsysteme und auf der anderen Seite ganzen Organismen und Geweben zu untersuchen. Die wichtigsten Errungenschaften des SFB 937 sind (i) die Messung und theoretische Beschreibung von viskoelastischen und hydrodynamischen Eigenschaften von Modellsystemen, die von Polymerbürsten und quervernetzten passiven Netzwerken über aktiv kontrahierende Netzwerken bis hin zu minimalen Zellkortizes reichen, (ii) die Beurteilung der athermischen Zell-Sybstrat Dynamik wähend der Adhösion, dem Wachstum und der Migration, sowie (iii) das kollektive Verhalten von schlagenden Zellen, Biofilmen und sich entwickelnden Drosophila Embryonen. Neben diesen fundamentalen Erkenntnissen haben die Forschungsgruppen neue Modellsysteme zur Untersuchung verschiedener Aspekte kollektiver Phänomene identifiziert und entwickelt. Gleichzeitig wurden Methoden und Werkzeuge, die neue Mikroskopie- und Simulationstechniken umfassen, angepasst und für die Untersuchung dieser Systeme optimiert.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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