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Finit- und infinitprädizierte Nebensatzkonstruktionen im Babur-name.

Antragsteller Professor Dr. Claus Schönig (†)
Fachliche Zuordnung Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 175655900
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Als Ergebnis des Forschungsprojektes liegt ein mitteltürkischer Prosatext in der Sprache eines gebildeten, (zumindest) tschaghataisch-persisch zweisprachigen Exponenten der timuridischen Oberschicht vor, dessen Nachkommen als "Großmoghuln" in Indien herrschten. Dieser erzählende Memoirentext, der weite beschreibende Passagen enthält, wurde bereits in einer vorangehenden Untersuchung als Netzwerk finiter Prädikationen, vereinfacht gesagt Hauptsätze, beschrieben, die gemäß Verlaufs- oder Strukturplänen organisiert sind. Das jetzige Projekt diente der Abrundung dieser Untersuchung durch die Einbeziehung der Nebensätze. Diese können im Tschaghataischen (wie auch sonst im Türkischen) durch infinite Prädikationen ausgedrückt werden, deren Kerne aus Partizipien, Verbalsubstantiven oder Gerundien (Verbaladverbien) bestehen können; die Verbaladverbien (einschließlich des Konditionals) können unzerlegbare Formen sein, sie können aber auch aus Partizipien und Verbalsubstantiven mit Kasus- oder postpositioneller Markierung bestehen. Auf diese Weise können Relativsätze durch attribuierte Partizipien, Komplementsätze durch entsprechend kasusoder postpositionell markierte Partizipien und Verbalsubstantive und Adverbialsätze durch Gerundien der beiden genannten Typen gebildet werden. Der persische Einfluss hat auch für die Verbreitung von finitprädizierten Nebensätzen mit Einleitungspartikel gesorgt. Dort, wo die formalen türkische und persischen Mittel nicht ausreichten, die benötigten Funktionen oder funktionale Nuancen auszudrücken, werden zusätzlich Funktionswörter eingesetzt. Diese sind meist aus dem Persischen entlehnt, sind bestimmten semantischen Gruppen (sinnlich-geistige Tätigkeiten) zuzuordnen und dienen sowohl den türkischen Formen als auch den entlehnten Einleitungselementen als Bezugswörter. Bei synthetischen Bildungen dienen auch türkische Postpositionen als Funktionswörter. So verfügt das Tschaghataische (wie das Osmanische, aber anders als die meisten Türksprachen) sowohl über linksverzweigende türkische und rechtsverzweigende persische (indoeuropäische) Nebensätze, und dies für praktisch jeden Nebensatztyp. Die synthetischen Bildungen sind in allgemeinen kürzer und tragen meist weniger komplexe Information. Dafür sind gerade synthetische Komplement- und Adverbialsätze, die meist am Anfang des Gesamtsatzes stehen, gut geeignet, durch Übernahme des Subjekts oder anderer Satzglieder aus dem Vordersatz eine Isotopiekette zu bilden und so die Textkohäsion zu erhöhen. Die analytischen Nebensätze können sich dagegen breit entfalten und sich (bis auf wenige Ausnahmen) des gesamten Inventars an aspektotemporalen oder modalen Formen bedienen. Wie zu erwarten, dienen diese Nebensätze detaillierteren Ausführungen; durch die Möglichkeit, bei einigen Nebensatztypen ein nominales Satzglied vor die Gasamtkonstruktion zu ziehen, sind sie ein wichtiges Mittel zur Hervorhebung wichtiger Protagonisten oder sonstiger Entitäten. Besonders zu erwähnen sind die dem Türkischen ansonsten fremden Konsekutivsätze, die häufig zusammen mit pronominalen Elementen auftreten. Als Überraschung erwies sich der Impuls, den das Projekt parallelen Arbeiten zu türkisch *kär(g)äk und seinen mongolischen Etsprechungen durch die häufige Konstruktion keräk kim verliehen hat, die sogar zu einer Monographie führten. Somit hat das durchgeführte Projekt nicht nur Beiträge zum Verständnis des Funktionierens eines ausgedehnten Prosatextes geliefert, der sowohl türkische als auch persische Elemente auch auf der syntaktischen Ebene ausgiebig nutzt. Zusammen mit den zahlreichen "kleinen" Ergebnissen über den formalen Ausbau des Nebensatzsystems und der Verwendung der einzelnen Nebensatztypen können die Ergebnisse zur Weiterentwicklung eines Textverständnisses beitragen, in dem die Entscheidung für die eine oder andere Haupt- und Nebensatzprädikaten, die Wahl eines Diskurstyps, in dem die Prädikationstypen eingebunden sind wie Töne in eine Tonleiter, und auch die Wahl des einen oder anderen Nebensatztyps letzlich davon bestimmt ist, ob ein Textproduzent erzählen oder beschreiben will, was seine kommunikative Absicht ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • ker(g)äk - zur Biographie eines erfolgreichen Etymons. Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, 87. Wiesbaden 2013. IX, 183 S.
    Schönig, Claus
 
 

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