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Untersuchungen zum Mechanismus der Selbst-Diffusion in Flüssigkeiten mittelkettiger Moleküle

Fachliche Zuordnung Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 173729143
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen des geförderten Projektes konnte gezeigt werden, dass Neutronenstreuexperimente kombiniert mit Computersimulationen eine äußerst nützliche Methode darstellen, um die Molekulardynamik umfassend zu untersuchen. Die Informationen, die mittels quasielastischer Neutronenstreuung gewonnen werden, erlauben es, die vorliegenden Bewegungen mit hoher Genauigkeit zu charakterisieren. Allerdings ist es schwer, genaue Aussagen zu treffen, wie die dominante Dynamik auf der untersuchten Zeitskala qualitativ zu beschreiben ist. Dies ermöglichen hingegen die MD Simulationen, mit deren Hilfe die Molekülbewegungen im Realraum beobachtet werden konnen. Allerdings dürfen die MD Simulationen nur in dem Rahmen ausgewertet werden, in welchem sie die tatsächliche Realität widerspiegeln. Um die atomare bzw. molekulare Kurzzeitdynamik zu validieren, hat es sich als äußerst effizient erwiesen, die MD Simulationen anhand der QENS Daten zu validieren. Durch Optimierung der MD Simulationen konnte die gleiche Kurzzeitdynamik simuliert werden, die auch am TOFTOF Spektrometer beobachtet wurde. Geringe Abweichungen der simulierten Dichte konnten dabei nicht vermieden werden, allerdings war dieser Fehler von geringer Bedeutung für die zu untersuchende Dynamik. Durch die hochwertige Validierung der simulierten Kurzzeitdynamik war es möglich, präzise Informationen aus den MD Simulationen zu extrahieren. Mithilfe der QENS Daten und MD Simulationen konnten die intramolekularen Bewegungen, die hauptsächlich vor dem Einsetzen der molekularen Selbstdiffusion stattfinden, charakterisiert werden. Die am TOFTOF gemessene scheinbare Schwerpunktsdiffusion konnte als hauptsächlich intramolekulare Kettenrelaxation identifiziert werden. Alle untersuchten Proben zeigten auf der kurzen Pikosekundenzeitskala die Relaxation der einzelnen Atombindungen. Erst auf einer Zeitskala, auf der die Rotation des gesamten Moleküls beobachtet werden kann, tritt der Übergang zu molekularer Selbstdiffusion ein. Durch eine genaue Untersuchung der Relaxation der lokalen Kettenkonformation konnte herausgearbeitet werden, dass intermolekulare Korrelationen einen wesentlichen Einfluss auf die Dynamik einzelner Ketten hat. Der Einfluss dieser intermolekularen Wechselwirkungen wurde mit hochdimensionalen Korrelationsfunktionen untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich auf einer weiten Zeitskala zwischen der Relaxation der Atombindungen und molekularer Selbstdiffusion viele Atome kollektiv in gleiche Richtungen bewegen. Der Zerfall dieser flussartigen Bewegungsmuster resultiert in einer zusätzlichen Relaxation der Molekülketten. Es ist davon auszugehen, dass keine effektive hydrodynamische Abschirmung in der molekularen Flüssigkeit vorliegt, da sich sonst kollektive Bewegungen nicht ausbilden konnten. Die flussartigen Bewegungen konnten ebenfalls für Schwerpunktsdiffusion der ganzen Moleküle ausgemacht werden. Durch eine genaue Auswertung der Simulationsdaten und einen Vergleich mit einer kürzlich veröffentlichen Theorie von J. Farago et al. konnte gezeigt werden, dass viskoelastische hydrodynamische Wechselwirkungen berücksichtigt werden müssen, um die Dynamik vor dem Einsetzen der molekularen Selbstdiffusion zu beschreiben. Hierbei sei angemerkt, dass aufgrund der Größe der Simulationsstudie eine detaillierte Charakterisierung der Molekulardynamik in Bezug auf intermolekulare Wechselwirkungen durchgeführt werden konnte, und dass dies die erste experimentell validierte Simulationsstudie ist, welche das VHI-Modell bestätigen kann. Intermolekulare Korrelationen der Bewegungen einzelner Atome und der ganzen Moleküle konnten durch eine geschickte Auswertung der simulierten Trajektorien ausgemacht und quantifiziert werden. Bislang konnten noch kein neues Bewegungsmodell aufgestellt werden, welches die atomare Dynamik beschreiben kann als auch die gemessenen Streukurven vorhersagt. Hierfür wurde eine neue Zusammenarbeit mit der Gruppe von J. Farago eingegangen, welche in Zukunft intensiviert werden soll.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Chain dynamics in a hexadecane melt as seen by neutron scattering and identified by molecular dynamics simulations, Journal of Physics: Condensed Matter 24, 375108 (2012)
    H. Morhenn, S. Busch, T. Unruh
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1088/0953-8984/24/37/375108)
  • Collective intermolecular motions dominate the picosecond dynamics of short polymer chains, Physical Review Letters 111, 173003 (2013)

    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.111.173003)
  • Dynamics at the Onset of Self-Diffusion in Molecular Liquids, Dissertation, München 2013
    H. Morhenn
 
 

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