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Critical edition of a medieval medico-botanical glossary (Ibero-Romance / Arabic) in Hebrew characters (manuscript Munich, Bayerische Staatsbibliothek, Cod. hebr. 87, Folios 127v-130r)

Subject Area Islamic Studies, Arabian Studies, Semitic Studies
Term from 2010 to 2018
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 170947768
 
Final Report Year 2017

Final Report Abstract

Bei dem im Kodex München, Bayerische Staatsbibliothek hebr. 87 auf den Folios 127v-130r enthaltenen Glossar handelt es sich um eine umfangreiche, 789 Einträge enthaltende alphabetische Wortliste aus dem 15. Jahrhundert, in der eine große Anzahl medizinisch-botanischer Fachtermini in iberoromanischen Sprachen mit arabischen Entsprechungen versehen wurden. Sowohl das Romanische als auch das Arabische sind im hebräischen Alphabet geschrieben. Nach den Angaben im Manuskript entstand das Glossar 1477 in Valladolid (Spanien), wobei unklar ist, ob es sich um eine Kopie eines bisher unbekannten Manuskripts oder um eine eigene Zusammenstellung des Kopisten handelt. Ähnliche Listen - eine Art Vorläufer moderner Wörterbücher - sind von der iberischen Halbinsel, aus Südfrankreich sowie aus Italien in recht großer Anzahl überliefert und bilden seit längerem einen Forschungsschwerpunkt der Antragsteller. Sie finden eine Erklärung vor folgenden Hintergründen: Ab dem 11. Jahrhundert verließen zahlreiche Juden die von den Almoraviden und Almohaden beherrschten Gebiete im südlichen Spanien (Al-Andalus), darunter zahlreiche Ärzte und Gelehrte. Ein Großteil von ihnen gelangte so in die christlichen Gebiete der iberischen Halbinsel sowie nach Südfrankreich. Während die Arbeitssprache der Medizin in Al-Andalus das Arabische gewesen war, wurden nun, insbesondere in Aragón/Katalonien und in der Provence, medizinische Werke vom Arabischen ins Hebräische übersetzt. Das Arabische wurde in den neuen Gebieten von immer weniger Juden verstanden; für die z. T. in die hebräischen Übersetzungen übernommene arabische Terminologie wurden daher lexikographische Mittel benötigt, die diese erklärten und letztendlich die Beschaffung der für Medikamente erforderlichen Zutaten sicherstellen sollten. So wurden Äquivalenzen zu lateinischen und vor allem romanischen Termini aus den verschiedenen neuen Muttersprachen der Juden hergestellt. Das Glossar aus dem Münchener Kodex ist deshalb außergewöhnlich, weil es sowohl altkatalanisches und altkastilisches Wortgut enthält. Dieses Glossar wurde erstmalig ediert, wobei die romanischen und arabischen Fachtermini der Medizin ausführlich kommentiert wurden. Während die arabischen Termini weitestgehend denen aus der Glanzzeit der Medizin aus Al-Andalus entsprechen, zeigen die altkatalanischen und altkastilischen Elemente weitgehend das aus dem 15. Jahrhundert bekannte medizinisch-botanische Vokabular, allerdings mit einigen bisher selten oder hier zum ersten Mal belegten Elementen. Dadurch, dass jedes romanische Wort mit einer arabischen Entsprechung versehen ist, gibt das Glossar explizite Auskunft über die Bedeutung der altspanischen und altkatalanischen Medizintermini zu jener Zeit und ist somit ein nützliches Hilfsmittel zum Verständnis von auf der iberischen Halbinsel entstandenen Fachtexten des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Im Rahmen des Projekts wurde - unserer Kenntnis nach erstmals - festgestellt, dass bei der Übertragung arabischen Fachwissens in Wortlisten im hebräischen Alphabet neben den einschlägigen arabischen Begriffen auch Wörter aus dem sogenannten Mozarabischen mit abgeschrieben wurden. Als Mozarabisch bezeichnet man die wahrscheinlich bereits zur Zeit der Entstehung unseres Glossars vollständig ausgestorbenen romanischen Dialekte, die in Al-Andalus neben dem offiziellen Arabischen gesprochen wurden und in wenigen Zeugnissen - fast ausschließlich in arabischer Schrift - überliefert sind. Im Projekt konnten verschiedene Adaptationsstufen ermittelt werden, die vom Erhalt bis zum Ersetzen durch modernere (akast. und akat.) Wörter reichen. Diese Funde liefern wertvolle Hinweise auf mögliche Quellen unseres Glossars. Wegen der spärlichen, fragmentarischen und oft verderbten Überlieferung des Mozarabischen sind die hier in hebräischer Schrift tradierten mozarabischen Elemente zur Erforschung der ausgestorbenen altsüdromanischen Varietäten äußerst wertvoll. Die Antragsteller konnten inzwischen mozarabische Elemente auch in weiteren Glossaren in hebräischer Schrift nachweisen. Darüberhinaus wurden die ermittelten mozarabischen Elemente auch im Kontext eines weiteren DFG-geförderten Projekts - der Edition und Kommentierung des Kitāb al-Talḫīṣ von Ibn Ǧanāḥ - betrachtet. Der Kitāb al-Talḫīṣ gilt als eines der frühesten Werke, in denen mozarabische Pflanzenbezeichnungen überliefert sind. Ein überraschendes Ergebnis war die Entdeckung einer weiteren Quellenschicht des von uns bearbeiteten Glossars: Es wurden offenbar auch lateinische Glossare eingearbeitet, die latinisierte, z.T. korrupte, Arabismen enthalten, welche wiederum ins hebräische Alphabet gesetzt wurden. Im Gegensatz zu den lateinischen Quellen erscheinen diese Arabismen hier zusammen mit ihren korrekt aus dem Arabischen transkribierten Ursprungswörtern.

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