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Bundesweiter Ärzte-Survey zur Umsetzung von Strategien zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen in der primärärztlichen Versorgung

Fachliche Zuordnung Public Health, Gesundheitsbezogene Versorgungsforschung, Sozial- und Arbeitsmedizin
Förderung Förderung von 2010 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 166045631
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Kardiovaskuläre Erkrankungen sind die führende Todesursache mit weltweit mehr als 13 Millionen Todesfällen pro Jahr. Allein in Deutschland verstarben im Jahr 2011 mehr als 340.000 Menschen infolge einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Dies entspricht 40,2% aller Todesfälle. Durch ihren meist chronischen Verlauf verursachen kardiovaskuläre Erkrankungen im Vergleich zu anderen Diagnosegruppen die höchsten Behandlungskosten und stellen somit eine immense Belastung des Gesundheitssystems dar. Dies unterstreicht den Bedarf an vermehrter Prävention, um die kardiovaskuläre Krankheitslast effektiv einzudämmen. Zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen ist die Hausarztpraxis das ideale Setting. In Deutschland suchen neun von zehn Erwachsenen mindestens einmal pro Jahr einen niedergelassenen Haus- oder Facharzt auf. Der regelmäßige Kontakt ermöglicht es dem Hausarzt, wiederholt präventiv tätig zu werden und Interventionen ggf. an die persönliche Lebenssituation der Patienten anzupassen. Somit nimmt der Hausarzt als Ansprechpartner und in der Durchführung individualpräventiver Maßnahmen eine zentrale Rolle ein. Umso mehr überrascht, dass die Hausarztpraxen in Deutschland bis dato eine Blackbox darstellen: So lagen bisher für Deutschland keine repräsentativen und detaillierten Daten zum Präventionshandeln deutscher Hausärzte vor. Die ÄSP-kardio-Studie liefert nunmehr erstmals repräsentative Daten zum aktuellen Angebot kardiovaskulärer Präventionsmaßnahmen in der primärärztlichen Versorgung in Deutschland. In der Zeit von Oktober 2011 bis März 2012 wurde dazu eine bundesweit repräsentative Zufallsstichprobe von Allgemeinmedizinern, Praktischen Ärzten und hausärztlich tätigen Internisten (n=4.074) postalisch befragt (Rücklaufquote: 33,9%). Im Mittel verwendeten die befragten Hausärzte 36% ihrer Praxiszeit auf die Prävention und Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen. Etwa zwei Drittel der Ärzte führten routinemäßig bei betroffenen Patienten Kurzinterventionen bezüglich der Tabakentwöhnung (72%), der Erhöhung der körperlichen Aktivität (72%), des Körpergewichts (69%), der Stressbewältigung (67%), der Ernährungsumstellung (66%) und der Verringerung des Alkoholkonsums (61%) durch. Es zeigte sich, dass das Präventionsangebot keineswegs standardisiert erfolgt. Ob ein Patient hinsichtlich der vorliegenden kardiovaskulären Risikofaktoren beraten wird, ist von arzt-, praxis- und patientenspezifischen Faktoren abhängig und regional unterschiedlich. Im Vergleich zu männlichen Kollegen berieten Hausärztinnen ihre Patienten signifikant häufiger bezüglich genannter verhaltensbezogenen Risikofaktoren. Hausärzte im Alter von unter 50 Jahren boten ihren Patienten im Vergleich zu älteren Kollegen signifikant häufiger Beratungen zu Tabakentwöhnung (74% vs. 70%) und Ernährung (68% vs. 65%) an. Weiterhin zeigte sich, dass Hausärzte, die in städtischen Gebieten niedergelassen sind, häufiger Kurzinterventionen zu den genannten Risikofaktoren durchführten als Befragte aus halbstädtischen und ländlichen Regionen. Jeder fünfte Hausarzt fühlte sich für die kardiovaskuläre Prävention nicht ausreichend ausgebildet und weniger als die Hälfte der Ärzte war davon überzeugt, ihre Patienten hinsichtlich der sechs bedeutendsten Risikofaktoren erfolgreich zu einer Verhaltensmodifikation motivieren zu können: So lag der Anteil der Hausärzte, der sich als erfolgreich bei der Lebensstilmodifikation ihrer Patienten einschätzte, zwischen 23% (bei der Tabakentwöhnung) und 49% (bei der Ernährungsumstellung). Als größte Barrieren für Präventionsangebote wurden unzureichende Vergütung (91%), kulturelle Unterschiede im Gesundheitsverständnis der Patienten und mangelnde Adhärenz der Patienten (beide 60%) genannt. Die Ergebnisse der ÄSP-kardio-Studie zeigen darüber hinaus auch, dass die derzeitigen ökonomischen Rahmenbedingungen im Gesundheitssystem zu geringe Anreize für (primäre) kardiovaskuläre Prävention in der hausärztlichen Versorgung setzen. Niedrige Interventionsraten in der flächendeckenden Versorgung bei einer gleichzeitig hohen Prävalenz für kardiovaskuläre Erkrankungen in der Bevölkerung weisen – positiv formuliert – auf ein ungenutztes Präventionspotenzial respektive – negativ formuliert – auf ein Versorgungsdefizit hin.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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