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Die Rolle des Präfrontalen Cortex und Nucleus accumbens bei risiko- und aufwandsabhängigen Entscheidungen der Ratte

Fachliche Zuordnung Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung von 2010 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 164961071
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Mensch und Tier treffen häufig situationsgerecht optimale Kosten/Nutzen-abhängige Entscheidungen, eine Fähigkeit, die das Überleben in einer sich ständig ändernden Umwelt sichert. Präfrontalcortex (PFC) und Nucleus accumbens (NAC) sind die Schlüsselstrukturen eines neuralen Netzwerkes, welches zwei wichtige Kategorien Kosten/Nutzen-abhängiger Entscheidungen steuert, nämlich risiko- und aufwandsabhängige Entscheidungen. Beide Strukturen empfangen Dopamin-Signale aus dem Mittelhirn, die Information über Kosten und Nutzen codieren. Das Ziel meines Vorhabens bestand darin, die kausale Bedeutung von Dopamin-Signalen im PFC und NAC bei risiko- und aufwandsabhängiger Entscheidungen zu verstehen. Risikoabhängige Entscheidungen. Aus unseren Messungen in einer einfachen Wahlaufgabe geht hervor, dass die permanente Inaktivierung der Dopamin-Innervation der prä-/infralimbischen oder orbitalen Subregionen des PFC sowie der core- oder shell-Subregionen des NAC risikoabhängige Entscheidungen nicht beeinträchtigt. Die Befunde ließen sich unter Verwendung einer komplexeren Wahlaufgabe erhärten: Tiere mit einer Blockade der Dopamin D1/D2- Rezeptoraktiviät des PFC bzw. NAC waren unverändert sensitiv gegenüber dem zunehmenden Risiko einer Nichtbelohnung. Allerdings war unter einer D1/D2-Rezeptorblockade im NAC die generelle Präferenz für die riskante Handlungsoption signifikant vermindert. Dopamin-Signale im PFC und NAC scheinen also nicht an der Erfassung von Belohnungswahrscheinlichkeiten und deren Veränderung beteiligt zu sein. Unsere Daten sprechen vielmehr dafür, dass die Dopamin- Rezeptoraktivität im NAC die generelle Präferenz für riskante Handlungsoptionen reguliert. Wir wiesen zudem nach, dass eine akute, pharmakologisch induzierte Stressreaktion die Wahl riskanter Handlungsoptionen durch Stimulation präfrontaler Dopamin D1-Rezeptoren verstärkt. Die zugrundeliegenden kognitiven Fehlfunktionen sind noch nicht genau bekannt, weil eine erhöhte präfrontale D1-Dopamin-Rezeptorstimulation mehrere der relevanten kognitiven Leistungen beeinträchtigt. Aufwandsabhängige Entscheidungen. Unsere Untersuchungen bestätigen und erweitern frühere Befunde, wonach Dopamin-Signale im NAC aufwandsabhängige Entscheidungen steuern. Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass die Dopamin-Rezeptoraktivität im NAC die generelle Präferenz von Tieren für aufwändige Handlungsoptionen reguliert. Das dorsomediale Striatum zählt demgegenüber zu jenen Hirnarealen, welche die Handlungsflexibilität fördern, z.B. bei plötzlichen Änderungen des Kosten/Nutzenverhältnisses der verfügbaren Handlungsoptionen. Schlussfolgerungen. Unsere Arbeiten über aufwandsabhängige Entscheidungen unterstreichen die Schlüsselrolle des Neurotransmitters Dopamin: Dopamin-Signale im NAC erhöhen die Präferenz von Tieren für Handlungsoptionen, die – trotz zunehmendem physischen Aufwand – mit hohem Nutzen verbunden sind. Die Neurobiologie risikoabhängiger Entscheidungen erweist sich als ungleich komplexer. Ein wesentlicher Grund sind die in der Literatur verwendeten, verschiedenartigen Testaufgaben. Ihnen liegen unterschiedliche Risikokonzepte zugrunde. Die erforderlichen kognitiven Leistungen einschliesslich der beteiligten neuralen Schaltkreise weichen deshalb vorneinander ab und die Effekte von dopaminergen Manipulationen sind teilweise inkonsistent. Unsere Befunde sprechen dafür, dass Dopamin-Signale im NAC die Präferenz von Tieren für Handlungsoptionen steigern, die – trotz zunehmenden Risiko – mit hohem Nutzen verbunden sind. In Einklang mit dieser Annahme zeigen aktuelle optogenetische Untersuchungen, daß Dopamin D2-Rezeptor exprimierende Neurone im NAC die Risikopräferenz von Tieren steuern. Dopamin- Signale im NAC unterstützen also bei den hier untersuchten risko- und aufwandsabhängigen Entscheidungen nicht die Erfassung von Risiko oder physischem Aufwand, sondern verstärken generell die Präferenz („bias“) für kostenintensivere Handlungsoptionen, die mit höherer Belohnung verknüpft sind. Möglicherweise bietet eine solche Dopamin-vermittelte Regulation von Handlungspräferenzen einen Selektionsvorteil und eine höhere biologische Fitness.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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