Unterschiedliche Welten der Meritokratie? Schulische Leistungs-beurteilung und Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland, Schweden und England im Zeitalter der 'standards-based reform'
Final Report Abstract
Das Projekt hat eine beeindruckende Bandbreite an Auffassungen zutage gefördert, was in der schulischen Leistungsbeurteilung in den drei untersuchten Bildungssystemen als „gerecht“ gilt. Alle meritokratischen Gesellschaftssysteme streben an (bzw. sind darauf angewiesen), dass die schulische Leistungsbeurteilung, auf der die Zuweisung von Lebenschancen in Meritokratien ganz wesentlich basieren soll, als „gerecht“ wahrgenommen wird. Was jedoch als gerecht gilt, unterscheidet sich ganz erheblich, je nachdem, wo man fragt und wen man fragt. Das Projekt hat gezeigt, dass sich derartige Unterschiede nicht nur zwischen verschiedenen Bildungssystemkontexten finden lassen, sondern auch zwischen verschiedenen Akteursgruppen innerhalb dieser Systeme. Allerdings lassen sich die beobachteten Unterschiede weder umstandslos auf den jeweiligen Bildungssystemkontext noch auf die jeweilige Akteursgruppe zurückführen. Die Kombination von internationalem und intranationalem Vergleich macht deutlich, dass die entsprechenden Gerechtigkeitskonzeptionen nicht drei komplett voneinander geschiedenen „Welten der Meritokratie“ zugeschrieben werden können, sondern sich bestimmte Muster und Konfigurationen kontext- bzw. akteursgruppenübergreifend finden lassen. Die Gerechtigkeitskonzeptionen der betrachteten Akteursgruppen bewegen sich dabei in einem durch die einschlägigen Regularien aufgespanntem „Möglichkeitsraum“, werden aber nicht vollständig durch diesen determiniert. Die „standards-based reform“ hat zum Teil massive Auswirkungen auf Systeme der Leistungsbeurteilung sowie damit zusammenhängende Phänomene und Aspekte gehabt. Diese Auswirkungen stellen sich jedoch in den drei untersuchten Kontexten ganz unterschiedlich dar; die beobachtbaren Gerechtigkeitskonzeptionen unterscheiden sich nach wie vor deutlich. Die Projektergebnisse sind zwar nicht unmittelbar praktisch bzw. politisch anwendbar, sie besitzen aber große Relevanz für Lehrkräfte bzw. Lehramtsstudierende. Die Reflexion von Gerechtigkeitsfragen im Hinblick auf eigene Leistungsbeurteilung betrifft einen Aspekt der Tätigkeit von Lehrkräften, der zentral für deren Tätigkeit wie auch letztlich für die Legitimität des politisch-gesellschaftlichen Systems als Ganzem ist. Der vergleichende Ansatz macht den eigenen Kontext in produktiver Weise fremd und regt zur Hinterfragung der eigenen Praxis an.
Publications
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