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Einfluss von Stress auf probabilistisches Klassifikationslernen und die daran beteiligten Hirnsysteme: Welche Rolle spielt der Mineralocorticoidrezeptor?

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 163456524
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Unser Gedächtnis gliedert sich in verschiedene Systeme, die parallel aktiv sind, jedoch auf unterschiedlichen Prinzipien der Informationsverarbeitung basieren. Zwei Beispiele für solche multiplen Gedächtnissysteme sind der Hippocampus, der flexibles, aber kognitiv aufwendiges Lernen stützt, und das dorsale Striatum, das eher einfache, aber rigide Lernprozesse ermöglicht. Es ist bekannt, dass Stress einen maßgeblichen Einfluss auf Lern- und Gedächtnisprozesse ausüben kann. In diesem Forschungsprojekt wurde untersucht, ob Stress auch die Beiträge verschiedener Gedächtnissysteme beim Lernen beeinflusst und welche neuroendokrinen Mechanismen einem solchen Einfluss zu Grunde liegen. Um dieser Frage nachzugehen, wurden gesunde Versuchspersonen einer Stress- oder Kontrollmanipulation unterzogen bevor sie im Magnetresonanztomographen eine Lernaufgabe bearbeiteten, die sowohl durch den Hippocampus als auch durch das dorsale Striatum gelöst werden konnte. Stress ließ die Lernleistung in dieser Aufgabe unbeeinflusst, reduzierte jedoch das explizite Aufgabenwissen und steigerte die Nutzung von Lernstrategien, die vom dorsalen Striatum gestützt werden. Auf Hirnebene zeigte sich, dass Stress die Aktivität des Hippocampus reduzierte und zu einer Veränderung der Kontrolle des Lernens führte: während in der Kontrollbedingung die Aktivität des Hippocampus mit der Lernleistung positiv korrelierte, korrelierte nach Stress die dorsal striatale Aktivität mit der Lernleistung und die Aktivität des Hippocampus war gar negativ mit der Lernleistung assoziiert. Dieses Befundmuster konnte in einer zweiten Studie repliziert werden. In dieser Studie wurde zudem gezeigt, dass die pharmakologische Blockade des Mineralocorticoidrezeptors den Stressinduzierten Wechsel vom hippocampalen zum striatalen Lernen blockiert und gleichzeitig die Lernleistung nach Stress beeinträchtigt. Ferner zeigte sich in dieser Studie, dass Stress die funktionelle Konnektivität der Amygdala mit dem dorsalen Striatum steigert und zugleich die Konnektivität zwischen Amygdala und Hippocampus reduziert. Auch diese Stress-induzierte Veränderung in der Netzwerkkonnektivität wurde durch die Blockade des Mineralocorticoidrezeptors aufgehoben. Zusammengenommen zeigen die Befunde, dass Stress einen Wechsel von der hippocampalen zur striatalen Kontrolle des Lernens bewirkt, dass dieser Wechsel von der Amygdala moduliert wird und für die Leistung unter Stress vorteilhaft ist sowie dass der Mineralocorticoidrezeptor für den Wechsel vom hippocampalen zum striatalen Lernen nach Stress eine entscheidende Rolle spielt. Diese Befunde können bedeutsame Implikationen für das Verständnis Stress-assoziierter psychischer Störungen haben, für die eine reduzierte kognitive Flexibilität typisch ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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