Der Einfluss von synchroner sportlicher Aktivität auf neuronale Plastizität und das Erlernen einer Fremdsprache.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Eine wachsende Anzahl von Studien im Humanbereich zeigt, dass akute körperliche Aktivität kognitive Funktionen wie das verbale Lernen verbessert. Ziel des aktuellen Projektes war es herauszufinden, ob Bewegung während der kognitiven Aufgabe, hier auditives verbales Lernen, zu einer Steigerung der Leistung führt und welcher Mechanismus diesem Effekt zu Grunde liegt. In der ersten Förderperiode wurde in psychoendokrinologischen und elektrophysiologischen Studien sowohl der Einfluss des Neurotrophins BDNF auf das verbale Lernen, als auch der Einfluss von rythmischer Stimuluspräsentation auf das Enkodieren akustischer Ereignisse überprüft. Geplant war ursprünglich, den zuvor berichteten Zusammenhang zwischen BDNF und der Gedächtnisleistung zu replizieren und simultane Bewegung als Möglichkeit, maximal von einem erhöhten BDNF Spiegel zu profitieren, zu diskutieren. Hier wollten wir auf struktureller Ebene durch BDNF induzierte Plastizitätsveränderungen nachweisen. Überraschenderweise fanden wir jedoch keinen Zusammenhang zwischen BDNF und der Gedächtnisleistung. Wir kontrollierten daraufhin den BDNF Genotyp unserer Versuchspersonen, aber fanden dennoch keinen Effekt. Wir manipulierten systematisch die Intensität der sportlichen Aktivität und fanden erstaunlicherweise heraus, dass 1.) BDNF nur bei hoher Belastungsintensität und auch dann nur sehr kurzfristig ansteigt und 2.) unsere Probanden auch bei sehr niedriger Belastungsintensität von einer simultanen Ergometerbedingung profitieren. Die Ergebnisse legten also nahe, dass unabhängig von der Intensität der körperlichen Aktivität auditorisch-motorisches Enkodieren zu einer effizienteren Stimulusverarbeitung führt. Deswegen sind wir in der zweiten Förderperiode einen Schritt zurückgegangen und haben uns darauf konzentriert mit sehr reduziertem akustischen Material und mittels EEG-Studien auf einem Fahrradergometer den Mechanismus der auditorisch-motorischen Synchronisation näher zu untersuchen. Dabei konnten wir wiederholt zeigen, dass aktive Synchronisation mit einem akustischen Stimulus zu einer effizienteren Enkodierung führt und die Erkennung von Abweichungen sowohl in sprachlichen als auch tonalen Stimuli erleichtert. Interessanterweise war dies nicht der Fall, wenn die Stimuli durch die Bewegung des Probanden gesteuert, also selbst-generiert dargeboten wurden. In der Annahme, dass auditorisch-motorische Synchronisation nicht nur die akustische Wahrnehmung verbessert, sondern in einem nächsten Schritt auch Gedächtnisprozesse erleichtern kann, haben wir abschließend in 2 Lernstudien gezielt untersucht, ob auditorisch-motorische Synchronisation das Vokabellernen unterstützt. Wir konnten in beiden Studien keinen klaren Beleg für einen positiven Effekt von auditorisch-motorischer Synchronisation auf das Vokabellernen finden. Da beide Studien unterpowert sind, interpretieren wir die Ergebnisse vorsichtig, jedoch deuten die Befunde auf individuelle Unterschiede zwischen den Probanden hin. Diese individuellen Unterschiede (in der Anatomie des Heschl Gyrus sowie in der Präferenz in welchem Zustand außerhalb des Labors gelernt wird) beeinflussen, inwiefern die Probanden eher von einer aktiven Synchronisationsbedingung oder von selbst-generierten Stimuli profitieren. In zukünftigen Studien wollen wir daher untersuchen, welche Faktoren das Abschneiden in den jeweiligen Versuchsbedingungen robust vorhersagen können. Unser Nachweis, dass Bewegung während des Enkodierens das Vokabellernen fördert, hat mediale Aufmerksamkeit erhalten und wurde bspw. in der New York Times berichtet. Außerdem wurde das Projekt sowohl von der Robert-Bosch-Stiftung also auch von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft gefördert. Die Lienertstiftung ermöglichte mir im Sommer 2013 einen Forschungsaufenthalt in Canterbury, wo ich erstmals galvanisch-vestibuläre Stimulation mit EEG-Messungen kombinierte. Aus dem Projekt gingen außerdem zahlreiche interdisziplinäre, nationale und internationale Kooperationen hervor. Hervorheben möchte ich besonders das Special Issue „Brain in Motion“, welches ich gemeinsam mit Prof. Dr. Stefan Debener im Jahr 2019 in der Zeitschrift Brain Research herausgegeben habe.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2010) Exercising during learning improves vocabulary acquisition: behavioral and ERP evidence. Neurosci Lett. Sep 20;482(1):40-44
Schmidt-Kassow M, Kulka A, Gunter TC, Rothermich K, Kotz SA
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(2012) P3b reflects periodicity in linguistic sequences. PLoS One.;7(12)
Otterbein S, Abel C, Heinemann LV, Kaiser J, Schmidt-Kassow M
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Kinetics of serum brain-derived neurotrophic factor following low-intensity versus high-intensity exercise in men and women. (2012) Neuroreport. Oct 24;23(15):889-93
Schmidt-Kassow M, Schädle S, Otterbein S, Thiel C, Doehring A, Lötsch J, Kaiser J
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(2013) Auditory-motor synchronization facilitates attention allocation. Neuroimage. Nov 15;82:101-106
Schmidt-Kassow M, Heinemann LV, Abel C, Kaiser J
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(2013). Physical exercise during encoding improves vocabulary learning in young female adults: a neuroendocrinological study. PLoS One. May 20;8(5)
Schmidt-Kassow M, Deusser M, Thiel C, Otterbein S, Montag C, Reuter M, Banzer W, Kaiser J
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(2014) Treadmill walking during vocabulary encoding improves verbal long-term memory. Behav Brain Funct. Jul 12;10:24
Schmidt-Kassow M, Zink N, Mock J, Thiel C, Vogt L, Abel C, Kaiser J
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(2016) Actively but not passively synchronized motor activity amplifies predictive timing. Neuroimage. Oct 1;139:211-217
Conradi N, Abel C, Frisch S, Kell CA, Kaiser J, Schmidt-Kassow M
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(2016) Synchronised vestibular signals increase the P300 event-related potential elicited by auditory oddballs. Brain Res. Oct 1;1648(Pt A):224-231
Schmidt-Kassow M, Wilkinson D, Denby E, Ferguson H
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(2016) The Effects of Acute Physical Exercise on Memory, Peripheral BDNF, and Cortisol in Young Adults. Neural Plast.;2016:6860573
Hötting K, Schickert N, Kaiser J, Röder B, Schmidt-Kassow M
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(2019) Auditory-motor coupling affects phonetic encoding. Brain Res., 1716:39-49
Schmidt-Kassow M, Thöne K, Kaiser J
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(2019) Cognitive effects of rhythmic auditory stimulation in Parkinson's disease: A P300 study. Brain Res. 2019 Aug 1;1716:70-79
Lei J, Conradi N, Abel C, Frisch S, Brodski-Guerniero A, Hildner M, Kell CA, Kaiser J, Schmidt-Kassow M