Sozial-ökologische Bodenpolitik
Städtebau/Stadtentwicklung, Raumplanung, Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Landschaftsplanung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt »Sozial-ökologische Bodenpolitik« (FLOOR Teilprojekt C; vgl. www.floorgroup.de) erforschte bodenpolitische Grundsicherung als Element globaler Sozialpolitik. Staaten erfüllen ihre Wohlfahrtsverantwortlichkeit auch durch Interventionen, die minimale Anrechte auf lebenswichtige Bodennutzungen (access to land) im städtischen oder ländlichen Kontext gewährleisten. Solche Interventionen dienen der bodenpolitische Grundsicherung. Im Projekt »Sozial-ökologische Bodenpolitik« konnten folgende Ergebnisse zur bodenpolitischen Grundsicherung erzielt werden (diese wurden zumeist in englischer Sprache veröffentlicht): (1) Die Analyse bodenpolitischer Grundsicherung zeigt: Im Nachgang zur UN Konferenz über nachhaltige Entwicklung (1992) wurde die bodenpolitische Grundsicherung zum festen Bestandteil globaler Menschenrechtspolitik. Nach den Enttäuschungen über die großen Bodenreformen der Nachkriegszeit (in Lateinamerika, in China, in Indien) und der Distanzierung von bodenpolitischen Interventionen in den 1970er und 1980er-Jahren kehrte das Thema »Boden« als sozial-ökologische Bodenpolitik in globale Diskurse zurück, wenngleich oft nur in Form einer »Anerkennung« sozialer Probleme und bodenpolitischer Lösungswege. (2) Die sozialpolitisch aufgeladene Bodenfrage ist eng mit der Institution des Bodeneigentums verbunden. Die sozialpolitische Stellung des Bodeneigentums wird in den Staatenberichten zum Sozialpakt sowie anderen internationalen Dokumenten für westliche Staaten und den globalen Süden unterschiedlich eingeschätzt. Insbesondere in westlichen Wohlfahrtsstaaten ist Bodeneigentum weitgehend aus der Sozialpolitik ausgeklammert. Staaten des globalen Südens berichten hingegen ausführlich über den hohen Stellenwert der Bodennutzungen für arme und sehr arme Menschen, insbesondere für die Erfüllung des Menschenrechts auf angemessene Nahrung und angemessenes Wohnen (Artikel 11 des UN Sozialpakts). (3) Manche Staaten, darunter auch westliche Demokratien, unterbreiten in ihren Berichten zum Sozialpakt gelegentlich verschönende, doch oft auch offenkundige Lügen. Obzwar das Projekt keine Theorie der strategischen Lüge vorgelegt hat, war stets von großer Bedeutung, über die Aussagekraft unwahrer Staatenberichte nachzudenken. (4) Die sozial-ökologische Bodenpolitik (etwa seit 1992) unterscheidet sich von klassischen und modernen Bodenreformen durch eine flexible Gestaltung der Nutzungsrechte. Nicht mehr das formale Volleigentumsrecht am Boden steht im Vordergrund, sondern wirksame Zugangsrechte, die – oft informal – den jeweiligen Bedürfnissen zur Bodennutzung angepaßt sind. Ebenso bedeutsam sind die Rechte auf Nutzung räumlicher Gemeinschaftsgüter. (5) Individuelle oder kollektive Rechte auf Bodennutzung berechtigen zum Zugang zur »Welt der Güter«. Die materielle Distribution der Bodennutzungsrechte beruht stets auf einer normativen Grundlage, zumeist als Menschenwürde bezeichnet. Die Beziehung zwischen Menschenwürde, Bodennutzungen und Bodeneigentum bedarf weiterer Untersuchungen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2010) Räumliches Existenzminimum. Zu Bodenpolitik und Menschenwürde im Sozialstaat. Flächenmanagement und Bodenordnung 72 (Heft 4) 145−152
Benjamin Davy
- (2011) Climate change and global social policy. Global Social Policy 11 (1) 106−113
Benjamin Davy (together with Sony Pellissery)
- (2013) The citizenship promise (un)fulfilled: The right to housing in informal settings. In: Benjamin Davy, Ulrike Davy & Lutz Leisering (guest editors). Exploring global social citizenship: Human rights perspectives. International Journal of Social Welfare 22 (Supplement 1) S68−S84
Benjamin Davy (together with Sony Pellissery)
- (2013): The human right to housing in the 27 member states of the European Union. European Journal of Homelessness 7 (1) 135– 154
Michael Kolocek
- (2014) Polyrational property: Rules for the many uses of land. International Journal of the Commons 8 (2) 472−492 (open access)
Benjamin Davy
- (2015) Das Menschenrecht auf Wohnen. Interpretationen im globalen Kontext. RaumPlanung 182: 10–15
Michael Kolocek
- (2015) The politics of recognition: Changing understandings of human rights, social development and land rights as normative foundation of global social policy. In: Frauke Lachenmann, Tilmann J. Röder & Rüdiger Wolfrum (editors) Max Planck Yearbook of United Nations Law 18: 565−600
Benjamin Davy (together with Lutz Leisering & Ulrike Davy)