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Die Aula Regia in Aachen - Karolingische Königshalle und spätmittelalterliches Rathaus - Bauforschung und Architekturgeschichte

Antragstellerin Dr.-Ing. Judith Ley
Fachliche Zuordnung Architektur, Bau- und Konstruktionsgeschichte, Bauforschung, Ressourcenökonomie im Bauwesen
Förderung Förderung von 2010 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 160626582
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Durch das Forschungsprojekt „Die Aula Regia in Aachen“ konnte die Bausubstanz des Aachener Rathauses hinsichtlich seiner mittelalterlichen Bauphasen erstmals systematisch dokumentiert und analysiert werden. Die Untersuchungen wurden befördert durch die Grabungen der Stadtarchäologie im Außenbereich des Rathauses, Gerüststellungen für Bauarbeiten und die Auffindung zahlreicher bisher unbekannter Baudokumentationen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Neu festgestellt werden konnte, dass die ursprüngliche karolingische Königshalle, bereits im 10.-12. Jahrhundert als Festsaal für die Krönungsfeierlichkeiten der deutschen Könige in Aachen wiederaufgebaut wurde, bevor dieses Gebäude abermals verfiel und schließlich zum gotischen Rathaus umgestaltet worden ist. Erst der repräsentative gotische Umbau mit seiner zum Markt ausgerichteten Schaufassade und seinem neu geschaffenen Festsaal im Obergeschoss ermöglichte schließlich, dass dieser Ort wieder adäquat für die Krönungsfeierlichkeiten genutzt werden konnte. Für die Gestalt des Gebäudes und das jeweilige Erscheinungsbild des Festsaals in allen drei Bauphasen ließen sich aufgrund der aufgedeckten Baumerkmale Rekonstruktionsvorschläge erarbeiten. Wie das Bauwerk innerhalb dieser drei Hauptbauphasen funktionierte, machte jedoch erst ein Abgleich der am Rathaus neu gewonnenen Erkenntnisse mit den Befunden der Bauforschung und Archäologie aus der Gesamtanlage der Aachener Pfalz bzw. der sich wandelenden Stadtstruktur Aachens deutlich. Hierzu zählen einerseits die Einbettung des karolingischen Saals in eine spätantike Befestigung und dessen nachträglicher Anschluss an den bereits bestehenden Baukomplex der Marienkirche mittels eines Verbindungsbaus, andererseits die seit dem 10. Jahrhundert einsetzende bauliche Separierung von Pfalz und Stift durch den Abbruch antiker und karolingischer Bausubstanz sowie den An- und Einbau neuer Gebäudeteile. Die Befunde belegen, dass die bis heute sichtbare Stadtstruktur Aachens bereits auf einen Umbau der Pfalz im 12. Jahrhundert zurückzuführen ist. Diese baulichen Strukturen wurden im 14. Jahrhundert der Bürgerschaft zu Verwaltung der Stadt übergeben. Dass beim Bau des karolingischen Palastes antike Entwurfsschemata bei gleichzeitiger Beibehaltung fränkische Traditionen angewandt wurden, macht ein Vergleich von antiken und karolingischen Anlagen deutlich. Das Phänomen, etwas Neuartiges durch die Kombination von noch bekannten, aber aus unterschiedlichen Quellen stammendes Wissen zu schaffen, konnte bis hinein in die karolingische Bautechnik beobachtet werden. Wie sehr die Rezeption antiker Formen als Nobilitierung angesehen wurde, zeigt schließlich der für die ottonischromanische Zeit ungewöhnliche Wiederaufbau der Aachener Königshalle als Apsidensaal. In gotischer Zeit wurde das Gebäude mit der hochgelegenen Rechteckhalle und der neuen Schaufassade den zeremoniellen Ansprüchen seiner Zeit angepasst, jedoch augenscheinlich bewusst auch mit den älteren Bauelementen kombiniert. Die aus der Bauforschung und der architekturhistorischen Einordnung der Aachener Saalbauten gewonnenen Beobachtungen führten schließlich zu neuen Erkenntnissen über die Entwicklung architektonischer Phänomene in der Herrschaftsarchitektur von der Antike bis in Mittelalter hinsichtlich der funktional-hierarchischen Differenzierung von Räumen und Geschossen, der Gliederung von Repräsentationsräumen sowie der architektonische Ausgestaltung des Außenbereichs. Durch die Neubewertung der literarischen Quellen zur ikonologischen Bedeutung des Aachener Palastes und Studien zu den Methoden der Bedeutungsforschung stellte sich heraus, dass die vereinzelten Hinweise nicht ausreichen, um daraus eine eindeutige Planungsabsicht für die Anlage der Aachener Pfalz beweisfähig ableiten zu können. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden 2019 als erster Band in einer Trilogie publiziert, in der die Baugeschichte des Aachener Rathauses vom Frühmittelalter bis in die Gegenwart erläutert wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Antike Einflüsse in der karolingischen Bautechnik – Aachen und Lorsch. Überlegungen zur Herkunft handwerklicher Kenntnisse im frühen Mittelalter In: Rechtsräume / [Tagung des Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, 17.-19. September 2015.] /
    Ley, Judith; Papajanni, Katarina
  • 2011: Das Rathaus der Freien Reichsstadt Aachen. Der Umbau der karolingischen Aula Regia zum gotischen Krönungspalast In: Rathäuser und andere kommunale Bauten, Jahrbuch für Hausforschung 60 / [Bericht über die Tagung des Arbeitskreises für Hausforschung e. V. in Lüneburg vom 27.September – 1.Oktober 2009] / - Marburg: Jonas Verlag - S.159-173
    Ley, Judith
  • 2012: Die karolingische Königshalle in Aachen – Neue Baubefunde und erste Deutungen In: Bericht über die 46. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung [Koldewey-Gesellschaft], 12. - 16. Mai 2010 in Konstanz] / - Dresden: Thelem Universitätsverlag- und Buchhandlung – S.229-239
    Ley, Judith
  • 2013: Pfalz und vicus Aachen in karolingischer Zeit In: Aachen von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 2, Karolinger – Ottonen – Salier. 765 bis 1137 / Kraus, Thomas (Hrsg.) - Aachen: Mayersche Buchhandlung KG - S.1-408
    Müller, Harald; Ley, Judith; Schaub, Andreas; Pohle, Frank
  • 2014: Der karolingische Palast König Davids in Aachen. Neue bauhistorische Untersuchungen zu Königshalle und Granusturm In: Karl der Große. Orte der Macht. Essays. Katalog zur Karls-Ausstellung 2014 / Pohle, Frank (Hrsg.) – Dresden: Sandstein Verlag - S.236-245
    Ley, Judith; Wietheger, Marc
  • 2014: »Was Hugot noch sah...« Die Bedeutung seines wissenschaftlichen Nachlasses für die aktuelle Pfalzenforschung in Aachen In: Leo Hugot. Der Mensch. Seine Zeit. Sein Nachlass. / Raabe, Christian; Horn, H.G. (Hrsg.) - Aachen: Geymüller - S. 92-97
    Ley, Judith; Wietheger, Marc
  • 2015: Aquis palatium: Spätantiker Palast oder frühmittelalterliche Pfalz? Architekturhistorische Überlegungen zur Ikonographie der Aachener Pfalz In: The Emperor’s House: Palaces from Augustus to the Age of Absolutism / Featherstone, Michael u.a. (Hrsg). - Berlin: De Gruyter - S.127-146
    Ley, Judith
  • 2016: Forschungsgeschichte des Aachener Rathauses In: Offensichtlich Verborgen. Die Aachener Pfalz im Fokus der Forschung / Krücken, Monika (Hrsg.) - Aachen: Geymüller - S. 31-41
    Ley, Judith
  • 2016: Geschichte wird entblättert In: Offensichtlich Verborgen. Die Aachener Pfalz im Fokus der Forschung / Krücken, Monika (Hrsg.) - Aachen: Geymüller - S. 132-162
    Ley, Judith; Wietheger, Marc
  • 2016: Karolingerzeitliche Mauertechnik in Deutschland und in der Schweiz. Schnell & Steiner
    Papajanni, Katarina; Ley, Judith (Hrsg.)
  • Die Zentralbauidee von Aachen und ihre Vorbilder. Methodische Perspektivwechsel der Forschung zur ikonologischen Deutung eines außergewöhnlichen Kirchengebäudes. Frank Pohle (Red.): Jerusalem in Aachen – Aachener in Jerusalem. Mittelalter und frühe Neuzei
    Ley, Judith
 
 

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