Untersuchungen zur Modulierbarkeit des Tumorstammzellphänotyps von Gliobastomzellen
Final Report Abstract
Glioblastome, die häufisten bösartigen Hirntumoren, haben trotz der heutigen intensiven multimodalen Therapiestrategien weiterhin eine sehr schlechte Prognose. Man nimmt an, dass Tumorrezidive, die zumeist einige Monaten nach Operation, Strahlen- und Chemotherapie entstehen, aus einer kleinen Population therapieresistenter Tumorstammzellen hervorgehen. Demgegenüber sollen nicht-Tumorstammzellen, welche die Hauptmasse des Tumors ausmachen, empfindlicher gegenüber zytotoxischen Behandlungsstrategien sein. Allerdings besteht Unklarheit darüber, welche Marker am geeignetsten sind, um Glioblastomstammzellen zu identifizieren und zudem zeigen verschiedene Studien, dass Tumorstammzellen wahrscheinlich keine fixe, unveränderliche Zellsubpopulation darstellen, sondern dass auch Tumorzellen, welche keine Stammzelleigenschaften aufweisen, solche aquirieren können. In früheren Arbeiten hatten wir durch Genexpressionsanalysen an sog. Glioblastomstammzelllinien (GS-Linien) verschiedene, potenziell stammzellphänotyp-spezifische Gene identifiziert. Vor diesem Hintergrund war es Ziel des Projekts, diese Gene bzw. Proteine als Indikatoren des Stammzellphänotyps sowie als potenzielle therapeutische Ziele zu evaluieren und zudem zu untersuchen, inwiefern der Tumorstammzellphänotyps durch die Mikroumgebung modulierbar ist. Die Ergebnisse zeigen, dass die Expression von CXCR4 (der Rezeptor des Zytokins Stromal Cell Derived Factor-1) mit einem Tumorstammzellphänotyp assoziiert ist. Da CXCR4 im normalen erwachsenen Hirngewebe kaum exprimiert wird, ist dieser Rezeptor ein vielversprechendes Zielmolekül zur selektiven Hemmung des Wachstums von Glioblastomstammzellen. AMD3100 ist ein spezifischer CXCR4 Antagonist, und in einem Maus-Xenotransplantatmodell konnten wir das Wachstum von Glioblastomen im Hirn durch Behandlung mit AMD3100 um ca. 60% hemmen. Demzufolge könnte eine Therapiestrategie sinnvoll sein, bei der nach Operation eines Glioblastoms die verbleibenden Tumorzellen einerseits mit Chemo-und/oder Strahlentherapie zerstört werden und zusätzlich die Tumorstammzellkomponente durch Antagonisierung von CXCR4 angegriffen wird. Allerdings ist der Tumorstammzellphänotyp durch verschiedene Faktoren modulierbar, und hierbei spielen vermutlich Schwankungen der Sauerstoffkonzentration, zu denen es im Verlauf der Tumorprogression kommt, eine große Rolle. Um Adaptationsmechanismen von GS-Linien an bidirektionale Fluktuationen der O2-Konzentration zu identifizieren, führten wir Genexpressionsanalysen unter chronischer und akuter Hypoxie sowie Oxygenierung durch. Hauptergebnis hierbei war die Entdeckung eines metabolischen Switches zwischen dem Pentosephosphatweg (PPP) und der Vorbereitungsphase der Glykolyse, zweier alternativer Glukosestoffwechselwege. Enzyme des PPP sind unter Normoxie stark exprimiert, wohingegen Hypoxie zu einer Herunterregulation des PPP mit verstärkter Expression von Glykolyseenzymen und verstärktem Glukoseflux durch die Glykolyse führt. Dieser Switch ist assoziiert mit gesteigerter Zellmigration unter Hypoxie bzw. gesteigerter Zellproliferation unter Normoxie. Auch im Tumorgewebe von Glioblastomen findet sich eine besonders hohe Expression von Glykolyseenzymen in hochgradig hypoxischen Regionen sowie in hochmigratorischen Zellen, wohingegen sich in hochproliferativen Arealen eine Herunterregulation dieser Enzyme zeigt, bei gleichzeitig starker Heraufregulation von PPP Enzymen. Diese Resultate zeigen, dass der PPP, welcher Pentosen und NADPH für biosynthetische Prozesse (DNA, RNA, Fettsäure-Synthese) und für anti-oxidative Schutzreaktionen bereitstellt, offenbar in hochproliferativen Tumorzellen dominiert, wohingegen bei akuter schwerer Hypoxie ein Switch zu direkter Glykolyse hin erfolgt, um die Zellen gegenüber akutem hypoxischem Stress zu schützen. Hieraus folgt, dass in Glioblastomen synchron unterschiedliche metabolische "Kompartimente", bzw. Regionen mit unterschiedlicher Prädominanz verschiedener präferenziell aktivierter metabolischer Stoffwechselwege existieren, was bei der Entwicklung Metabolismus-angreifender Therapiestrategien zu berücksichtigen ist. Zusammenfassend tragen unsere Ergebnisse zur besseren Charakterisierung des Tumorstammzellphänotyps bei und zeigen Ansatzpunkte für die Entwicklung von neuen Therapiestrategien auf, die einerseits die Tumorstammzellkomponente angreifen, andererseits den Tumorzellmetabolismus.
Publications
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