Entwicklung eines elektromagnetisch erregten und getaktet arbeitenden Relativbeschleunigungssensors nach dem Ferraris-Prinzip in integrierter Form
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der konventionelle Ferrarissensor wird in der bisherigen Form zur Beschleunigungsmessung rotierender oder linearer Anordnungen eingesetzt. Im Gegensatz zur herkömmlichen Sensorik über Positionsmelder liegt hier kein aus dem Positionssignal abgeleitetes Beschleunigungssignal vor. Der Vorteil des Meßprinzips liegt in der Möglichkeit, ein natives beschleunigungsproportiononales Signal zu erhalten. Eine zeitliche Ableitung des Signales ist daher nicht notwendig. Entsprechend geringer fallen Signalfehler aus, die sonst durch die Differentiation des Lagesignals entstehen. Als nachteilig hat sich jedoch die eingeschränkte Bandbreite des Sensors erwiesen. Das Projekt Advanced Ferraris hat daher die Zielsetzung, die Bandbreite durch die Erforschung grundsätzlich neuer Wege der Signalgenerierung und Signalabtastung zu erhöhen. Im Rahmen des vorliegenden Projektes wird untersucht, ob sich durch die Anwendung von Wechselstromprinzipien Nachteile wie z.B. Dynamikbegrenzungen, sowie der konventionell nicht weiter miniaturisierbaren Systemgröße erweitert bzw. ausgeräumt werden können. Zu diesem Zwecke wurden zu Beginn des Projektes die theoretischen Grundlagen für die Einkopplung, Wiedergewinnung und Auswertung der Sensorsignale ausgearbeitet. Zur quantitativen Untersuchung der auftreten elektromagnetischen Effekte wurde mit der Erstellung eines FEM-Simulationsmodell begonnen, das die Variation relevanter Parameter zulässt. Gleichzeitig wurde das Modell genutzt, um in Reihenuntersuchungen materialspezifische Eigenschaften der Leiter-Sensorkombination in angemessenem Zeitrahmen untersuchen zu können. Als Ergebnis dieses Arbeitspaketes ist ein spezialisiertes numerisches Modell entstanden, das die Basis für eine Verallgemeinerung auf beliebige Anwendungsfälle darstellt. Unter Verwendung des erarbeiteten Grundlagenwissens und. der Softwarewerkzeuge konnten zwei grundsätzliche Möglichkeiten, eine wechselstromgeführte Signalkette zu etablieren, gefunden werden. Diese besteht in der ersten Möglichkeit aus der Variation des klassischen Ferrarisprinzips mit einer segmentierten Leiterebene. Hierzu wird als Erregung ähnlich dem konventionellen Ferrarissensor eine paarweise Anordnung von Permanentmagneten verwendet, um ein Wechselsignal zu erzeugen. Jedoch wird die Leiterscheibe in Abständen der Erregermagnete unterbrochen und die Bildung eines konstanten, geschwindigkeitsproportionalen Wirbelstromes unterbunden. Stattdessen stellt sich ein Wechselfeld ein, aus dem ein geschwindigkeits- bzw. beschleunigungsproportionales Signal abgeleitet werden kann (passive Wechselfelderzeugung). Als zweite Möglichkeit steht eine direkte Einprägung eines harmonischen Signals in die Leiterebene über separate Erregerinduktivitäten zur Erforschung. Hierbei wird das Erregermagnetfeld nicht durch die Leiterbewegung erzeugt und ist damit von dieser unabhängig. Beide Möglichkeiten der Erregung wurden jeweils mit dem Aufbau eines Demonstrators untersucht. Die Versuche haben gezeigt, dass sich die Methode der permanenten Erregung als wesentlich robuster und weniger störanfällig in der Auswertung erweist als eine Wechselfelderregung. Begründet ist das in den höheren magnetischen Erregerflussdichten, die durch die verwendeten Permanentmagnete erzeugt werden können. Eine passive Erzeugung eines Empfangswechselfeldes ist, wie mit Hilfe des Demonstrators gezeigt, auf einfache Art möglich. Das am Ausgang der Anordnung anliegende Signal liegt als amplitudenmoduliertes Spannungssignal vor. Im Verlaufe der experimentellen Untersuchung hat sich gezeigt, dass die Empfindlichkeit bei permanenter Erregung an eine von der Geschwindigkeit und geometrischen Dimensionierung abhängige, optimale Frequenz gebunden ist,( die sich aus der verwendeten Geometrie ableitet.) Die Empfindlichkeit der Anordnung ist bei höheren gleichförmigen Relativgschwindigkeiten mit überlagerten Beschleunigungsprofilen eingeschränkt und nimmt mit steigendem Gleichanteil durch Widerstandseffekte im Wirbelstrommaterial ab. Im Bereich kleiner Geschwindigkeiten kann aufgrund reduzierter Relativbewegung zwischen Erregerfeld und bewegtem Leiter nur ein schwaches Signal geliefert werden. Parallel dazu wurden Versuche durchgeführt, mit externer Anregung eine von der Relativgeschwindigkeit unabhängie Erregung zu nutzen. Da das Erregersignal elektromagnetisch erzeugt wird, kann die geometrische Dimensionierung frei gewählt werden. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, die Erregung mit Signalformen hoher Frequenz zu speisen, so dass die Erregerfeldstärken bis zur Detektionsgrenze abgesenkt werden können. Um eine Erweiterung des Nutzbandbereichs über eine rein induktive Sensorik hinaus zu erzielen, wurden Bestrebungen unternommen, Halbleitersensoren zur Signaldetektion zu verwenden. Zu diesem Zwecke wurden qualitative Untersuchungen durchgeführt, um die qualitative Eignung derartiger Sensoren zu prüfen, die auf einem reinen Widerstandseffekt basieren und daher nur sehr kleine Zeitkonstanten aufweisen. Erste Teilergebnisse haben gezeigt, dass unter limitierten Laborbedingungen zunächst keine Ausschlusskriterien gegen die Nutzung des Effektes gefunden werden konnten. Der Ferrarissensor erweist sich in seiner Eigenschaft, ein breitbandiges Beschleunigungssignal zu liefern, als Schlüssel zu hochdynamischen Antriebsregelungen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens konnte kein einschränkungsfreies und damit abschließend befriedigendes Simulationsmodell der Gesamtanordnung erstellt werden. Um den Sensor außerhalb von Einzelversuchen im Laborumfeld nutzbar zu machen, ist es notwendig, dynamisch auftretende Effekte in ihrer Gesamtheit numerisch im Rahmen einer FEM-Simulation zu untersuchen. Weiteres Potential des Sensors mit dem Ziel einer höheren Empfindlichkeit und erweiterter Bandbreite ließe sich einerseits durch den Einsatz einer empfindlicheren H-Feld Sensorik unter Verwendung mit Halbleitersensoren nach dem MR/GMR-Effekt erreichen. Gleichzeitig kann das Signal-Rauschverhältnis (SNR) signifikant verbessert werden. Die dazu notwendigen Sensoren waren jedoch erst zum Ende des Projektes verfügbar und konnten daher nicht optimiert in die vorhandenen Versuchsaufbauten integriert werden. Für eine abschließende Aussage ist eine Weiterführung und Spezialisierung der Untersuchungen hierzu unabdinglich, da dieser Sensortyp durch hohe Empfindlichkeit bei sehr hoher Bandbreite herausragende Eigenschaften für die Umsetzung des Forschungsvorhabens aufweist. Andererseits würde eine angepasste Signalauswertung die Erregung mit weiter verringerten Feldstärken zulassen. Erreichbar ist das durch den Einsatz digitaler Schaltungen (breitbandige FPGA/DSP Schaltungen). So würde die Möglichkeit eröffnet werden, am ISW entwickelte und inzwischen an der Schwelle zum systematischen Einsatz anzusehende Signalaufbereitungsverfahren wie der schnellen Signalvorverarbeitung („Oversampling“) einzusetzen. Es ist zu erwarten, dass sich der Dynamikbereich des Sensors auf diese Weise um eine Größenordnung erhöhen sollte. Im Rahmen des Forschungsvorhabens waren jedoch keine ausreichenden Sachmittel für einen weiteren Aufbau sowie der notwendigen DSP/FPGA-Boards vorhanden, so dass dieser Aspekt zunächst zurückgestellt werden musste. In Verbindung mit geeigneten Sensoren könnte eine Erweiterung des Messverfahrens erreicht werden, wie sie mit konventioneller induktiver Sensorik nicht möglich ist. Aufgrund der hohen Bandbreite von Halbleitersensoren bei gleichzeitig hoher Empfindlichkeit könnte im Rahmen einer Miniaturisierung die Möglichkeit gegeben sein, Signalformen einzuprägen, die durch geeignete Korrelationsalgorithmen selbst aus Empfangssignalen mit schlechtem Signal-Rauschverhältnis ein Beschleunigungssignal zu gewinnen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Patent DE102005060250A1: Verfahren zur Erzeugung einer Empfangswechselspannung für ein Relativbeschleunigungsmesssystem nach dem Ferrarisprinzip